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Der Genoffenfhhaftsgedanke
auf alter Grundlage im heimiſchen
DVolkstum.
Von Ernſt Vi.
Zwei Gedanken beherrſchen den Menſchen bei ſeiner
Zielſeßung und wirken mitbeſtimmend auf das Schifſal der
Völker. Dieſe Gedanken äußern fich in dem Triebe der Fort-
pflanzung und der Selbſterhaltung. An letzterer, der auh
einen entſcheidenden Einfluß auf das Weſen einer Volks-
gemeinſchaft ausgübt, wollen wir unſere Betrachtungen an-
fnüpfen.
Durch die geſellſchaftlihe Veranlagung des Menſchen
iſt die ſoziale Struktur der Gemeinſchaft bedingt. Lange
bevor wir eine Staatenbildung in der geſchichtlihen Ent-
wi>lung der Völker beobachten können, finden wir das
Streben der Menſchen nach einer Gemeinſchaft, urſprünglich
um Gefahren gemeinſam abzuwehren, dann aber auch, wirt-
Ihaftsgefhichtlich betrachtet, um die Bedürfniffe des täglichen
Lebens im Kampf ums Daſein beſſer befriedigen zu können.
Bei den germaniſchen Völkern, die verhältni8mäßig ſpät in
den Kulturkreis der abendländiſchen Geſchichte eingetreten
ſind, finden wir den Geineinſchaftsgedanken beſonders ſtark
ausgeprägt. Wie tief dieſe ſoziale Idee bei unſeren Vor-
fahren Wurzel geſchlagen hat, läßt ſih heute noh am beſten
durch jene Inſtitutionen nachweiſen, die auf ihr beruhen.
Es dürfte wohl kein Zweifel darüber beſtehen, daß der
Gemeinſchaft8gedanke au<h im Volkstum unſerer Heimat zu
finden iſt. Ia, man kann die Behauptung auſſtellen, daß die
Idee der ſozialen Zufammengehörigfeit und de3 Gemein-
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