Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

Fassade 
Thurm 
Seitenparthie 
Gitterthüren 
Inneres 
Vorhalle und 
Langhaus 
76 KREIS OFFENBACH 
Eine grosse Sorgfalt wandten jene Meister schon der Wahl des Bauplatzes zu, ein 
Vorzug, den auch die Pfarrkirche zu Heusenstamm in hohem Grade besitzt. Un- 
geachtet der Raum, worauf die frühere, schlichte Kirche sich erhoben, zum Neubau 
benützt werden musste, so verstand es der unbekannte Architekt ausnehmend, sein 
Werk in eine vortreffliche Wirkung zu setzen, die besonders der Fassade zu 
gute kam. 
Von dem freien Platze aus sehen wir das Bauwerk in seiner vollen Fassaden- 
entwickelung vor uns. »Noviter et magnifice exstructa ecclesia« nennt ein zeit- 
genössischer Berichterstatter die Kirche, in bewusster Lobpreisung des damals nach 
dem Zeitgeschmack als alleinberechtigt geltenden Styles. In der Mitte der Fassade 
baut sich der etwas vorspringende 7Aurm in drei schlanken Geschossen auf, die 
durch ausladende Simse getrennt und von Ecklisenen gesäumt sind. Am Unter- 
geschoss führt eine Freitreppe zum Hauptportal. Seine Bekrönung bildet das von 
einem Löwenpaar gehaltene Allianzwappen der Grafengeschlechter von Schönborn 
und Montfort, umschlungen von lebhaftem Rococo - Ornament. Darüber lässt ein 
Rundfester das Tageslicht in die Vorhalle einströmen. Das zweite Thurmgeschoss 
enthält eine grosse Nische mit der Kolossalfigur des Welterlösers. Die Statue hat 
die Rechte segnend erhoben; die Linke ist ausgestreckt. In der Körperhaltung 
waltet Ruhe und Würde; dagegen ist die Gewandung im Styl der Zeit lebhaft 
bewegt. Das obere Thurmgeschoss dient als Glockenhaus und ist mit weiten 
Schallöffnungen versehen. Ueber dem Kranzgesims dieses Bautheiles wächst als 
Thurmbedachung ein birnförmiger Helm empor, dessen Spitze oberhalb des T'hurm- 
knopfes ein doppelarmiges Kreuz, sorenanntes Mainzer Kreuz als Zeichen der vor- 
maligen kurfürstlichen Domination, in trefflich ornamentirtem Schmiedewerk ab- 
schliesst. — Zu beiden Seiten des Untergeschosses tritt der jaukörper des Lang- 
hauses vor. Die Wandflächen sind hier von Rundfenstern durchbrochen und lehnen 
sich über ihrem Kranzgesims mittelst einer volutenartig geschwungenen Nauerdeko- 
ration an die Thurmflanken an. Auf der Höhe der Langhausecken stehen grosse, 
aus buntem Sandstein gemeisselte Vasen mit lodernden Flammen. Der neue An- 
strich, welcher die Wandflächen in Grau. die Lisenen und Simse in die Farbe 
des röthlichen Sandsteines gesetzt, gereicht dem Aeusseren zum Vortheil. An 
beiden Seiten des Fassadenwerkes führen Freitreppen zu vergitterten Eingängen 
Gitterthüren bestehen 
Werkstätte her- 
des die Kirche umgebenden ehemaligen Friedhofes. Die 
aus gut stylisirtem Schmiedewerk und mögen aus der kunstreichen 
vorgegangen sein, die unter den Fürstbischöfen aus dem Hause Schönborn zu 
Würzburg blühte und dort unter der Leitung des Meisters Üegg in den Gitter- 
portalen des Residenzschlosses diesen Zweig des Kunsthandwerkes mit voller Beherr- 
schung des Styles und ungewöhnlichem technischen Geschick auf eine hohe Stufe 
der Ausbildung zu bringen verstand. 
Die Vorhalle der Kirche ist von einem oblongen Kreuzeewölbe überspannt. 
Rechts führt eine steinerne Wendelstiege auf die Oreelbühne. In der Richtung deı 
Längenaxe öffnet sich der Zugang zum glänzenden Hauptraum. Die Abmessungen 
des Inneren sind folgende: Gesammtlänge 33,00 m; Breite des Langhauses und 
Chores 10,90 m; Breite des Transepts 16,80 m; Höhe 17,00 m. Das Lang 
     
    
  
   
   
   
   
  
  
   
  
   
  
   
  
   
  
      
       
     
  
   
    
  
  
  
  
   
    
   
   
   
   
   
  
  
     
  
    
      
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