Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

  
  
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Ehemaliges 
Rathhaus 
Privatbau 
Römerstrasse 
KREIS OFFENBACH 
  
126 
verjüngen und mit Bossen und Kreuzblumen besetzt sind. Luftige Epheuranken mit 
Bandverschlingungen füllen das Feld rechts von der Altarwand, während ein mit 
reichen Blüthen prangender Rosenstock einen Theil des linken Feldes einnimmt, 
der andere Theil der Bildfläche aber den Ausblick auf eine Berglandschaft frei- 
lässt, in deren Vordergrund ein Lamm auf einer Wiese ruht. Das stylisirte Or- 
nament wie das naturalistische Laubwerk ist durchweg mit meisselfertiger Technik 
ausgeführt. Seinem Style nach gehört der schöne Altaraufsatz, welcher aus einer 
Kirche der Diözese Limburg stammen soll, dem letzten Stadium gothischer Kunst- 
entwickelung an. — Eine zierliche Areuzigungsgruppe krönt den ÖOberbau des 
Beichtstuhles. Im Antlitz des Heilandes ist der Zug des Leidens tief ausgeprägt. 
Die Marienfigur gibt den Gedanken der von stillem Herzeleid gebeugten Mutter in 
treuem Ausdruck wieder. Der Jünger Johannes hingegen lässt seinem Schmerz 
vollen Lauf in überströmendem Affekt der Haltung und der Gesichtszüge. Abge- 
sehen von der heftigen dramatischen Bewegung, lassen schon die flatternden Ge- 
0) 
wänder über die Entstehung der Gruppe um die Mitte des ı8. Jahrhunderts 
keinen Zweifel. 
Das im Jahre 1702 errichtete Radkhaus, ein im Zwölfeck angelegter zwei- 
geschossiger Fachwerkbau, mit Arkadenhalle im Erdgeschoss, stattlichem Uhrthurm 
auf der in geschwungenem Linienzug sich erhebenden centralen Bedachung und 
seitlichen polygonem Treppenhaus, wurde 1876 wegen Baufälligkeit niedergelegt. 
Einige Wohnhäuser mit kugelbekrönten Pfeilern an den Thoreinfahrten zeigen, 
dass die bürgerliche Bautechnik von der heranwachsenden Kolonie nicht völlig 
kunstlos geübt wurde. Eines dieser Gebäude trägt die Jahreszahl 1770. An der 
Mündung einer Seitenstrasse auf die. Hauptstrasse sind starke Thorangeln in das 
Mauerwerk von zwei gegenüberstehenden Eckgebäuden eingefügt und lassen ihrer 
Beschaffenheit nach eine ehemalige Einrichtung zum Thorverschluss dieser Strasse 
vermuthen. 
Durch die Waldungen von Neu-Isenburg ziehen Spuren einer älteren Strassen- 
anlage, die als Ueberrest einer von Obernburg am Main über Dieburg nordwärts 
ziehenden Römerstrasse gehalten wird und im Volksmund den Namen steinerne 
Strasse führt. 
Literatur. Die französische Kolonie Neu-Isenburg bei Frankfurt a. M. Neu-Isenburg 1861. 
Im Selbstverlag des Verfassers. (Ph. Weyell.) — Simon, G., Die Geschichte des reichsständischen 
Hauses Ysenburg und Büdingen. Frankfurt a. M. 1865, I. S. 209. Privileg der französischen 
Kolonie Neu-Isenburg. Französisch und deutsch. Herausgegeben von Philipp Weyell, Pfarrer, 
1870. Verlag der ev.-reformirten Kirchengemeinde zu Neu-Isenburg. Archiv für Hessische 
Geschichte und Alterthumskunde, I. S. 328. 
     
  
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