Holzplastik
Taufstein
Schloss
136 KREIS OFFENBACH
scheinlich den Zugang der Emporen des Inneren vermittelte und wohl jüngeren
Ursprunges war. — Von älteren Kunstwerken enthält die jetztige katholische Kirche
zwei Werke der Holzplastik aus dem 135. Jahrhundert. Es sind unterlebensgrosse
Szatuen der Madonna und des Jüngers Johannes, nach Haltung und Ausdruck
offenbar Seitenfiguren einer Kreuzigungsgruppe. Die Gestalten sind edel bewegt
und in lange Gewänder gehüllt, deren Falten in gutem Wurf niederfliessen. Leider
haben die Statuen durch moderne Uebermalung manches von ihrem alten Aus-
sehen eingebüsst. Das Antlitz der Madonna ist erfüllt von einem Zug tiefen
Schmerzes. Auch der Kopf des aufblickenden Johannes ist von trefflicher Charak-
teristik und erinnert in der Behandlung des Lockenhaares an die Würzburger
Schule des Tilmann Riemenschneider. Der Zaufdrunnen ist ebenfalls älteren
Ursprunges und besteht aus einem okto
gonalen Becken auf polygonem Fuss. Das
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Material ist bunter Sandstein. Die Grundformen sind entschieden gothisch. Die
Ornamentation hingegen folgt den Gesetzen der Renaissance. Dahin gehört auf
der vorderen Beckenwandung das Reliefwappen des Kurfürsten Wolfgang Dalberg
von Mainz und daneben ein zweites, ähnlich stylisirtes Wappen mit Vogelkrallen,
die durch Schwimmhäute verbunden sind. Darunter steht die Jahreszahl 1592.
Weiterhin folgen die Worte: CONRADT : MEYLACH : PFARH HM: PAVM:
und das Steinmetzzeichen . Auf dem Rande des Beckens steht die moderne
Inschrift des Geschenkgebers » Valentin Wirsching, weiland Sattlergeselle dahier
Woher der Taufstein stammt, ist unbekannt: das Kurfürstenwappen macht übrigens
die Herkunft aus einer Kirche der Mainzer Erzdiözese wahrscheinlich. Die in
der Sakristei aufbewahrte Monstranz folgt in der sonnenartigen Gestaltung wie in
der Ornamentation den Formen des Rococo. Die vergoldete Lunula wächst aus
einer Garbe silberner Aehren und Trauben hervor und ist von einer Engel-
glorie und bunten Glasflüssen umgeben. Am Fusse erscheint das apokalyptische
Lamm auf dem symbolischen Buch mit sieben Siegeln.
Wird die Sakralbaukunst der Stadt Offenbach durch die drei geschilderten
evangelischen Kirchen in einer keineswegs hervorragenden Weise vertreten, so
nimmt dafür das Fürstlich /sendurgische Residenzschloss einen um so glänzenderen
Rang ein im Bereich der Profanarchitektur. Dieser Fürstensitz der Renaissance
steht da als ein sprechendes Denkmal der Kulturbewegung des 16. Jahrhunderts,
einer Zeit, in welcher das zu selbstständiger Bedeutung erstarkte Fürstenthum den
Begriff seiner Herrschaft wie in staatlichen Neugestaltungen so auch auf dem Gebiet
künstlerischer Schöpfungen, insbesondere durch die Anlage prunkvoller Schlösser,
auszusprechen bestrebt war.
Das Schloss ist die dritte Herrenburg, welche im Laufe der Zeiten auf der-
selben Stelle am Mainufer sich erhebt und den Stromlauf beherrscht. Dem Bau-
werk, wie es heute in die Erscheinung tritt, ging eine gothische Burg vorher,
deren Entstehung in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückgeführt wird. Dieses
Gebäude war schon nach einem Säculum in Verfall gerathen. Ein Umbau wurde
beschlossen, als in Folge der mit der Ronneburger Linie im Jahre 1556 vor-
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