Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

    
  
   
    
    
    
   
   
   
   
    
      
   
   
    
    
    
    
    
      
    
   
   
   
   
    
    
     
      
     
     
     
      
    
     
   
     
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SELIGENSTADT 
  
Fig. 62. Seligenstadt. Abteigebäude: Bekrönung des schmiedeisernen Chorlettners. 
Verbindung gebracht wird. Das Werk ist eine hervorragende Leistung der Rococo- 
Schmiedekunst und sein Studium kann manchen belehrenden Fingerzeig darbieten 
für diesen in neuem Aufschwung begriffenen Zweig des metallotechnischen Kunst- 
gewerbes. Ein Theil des Lettners hat neuerlich im Innern der Kirche an der Ein- 
gangsthüre zur Einhardkapelle (s. S. 195) Verwendung gefunden. Als gute Leistungen 
dieser Kunsttechnik sind auch einige Thürbeschläge im Krankenbau beachtenswerth. 
Ein 'Thürschloss daselbst ist reich bedeckt mit fein gravirten Ornamenten im Styl 
des 17 
7. Jahrhunderts. 
Die alte Älosterküche hat derbe, wuchtige Strukturformen. Von feineren 
Einzelbildungen ist nirgends eine Spur vorhanden. An der oberen Wandbegrenzung 
sind formlose Bogenfriese sichtbar; sie ruhen auf schlichten Tragsteinen. Ueber 
einer Holzgallerie treten kräftige Blendbögen aus dem Gemäuer hervor. Der die 
Feuerstätte überragende Kaminmantel wird von zwei stämmigen Pfeilern und einer 
gedrungenen, ungegliederten Säule gestützt. Der Küchenraum erhält durch die 
rauchgeschwärzten Wände und das von oben spärlich einfallende Licht eine 
malerische alterthümliche Stimmung und gemahnt dadurch an die Alchymisten- 
Laboratorien eines Teniers und Ostade. Die Frage nach der Zeitstellung des Bau- 
werkes ist bei dem Mangel bestimmter Stylformen nicht leicht zu beantworten. 
Wohl könnten die ungefügten Bogenfriese auf älteren Ursprung schliessen lassen ; 
allein dergleichen handwerksmässigen Bildungen ist nicht unbedingt zu trauen. In 
der Hauptsache hat man es ohne Zweifel mit einem frühen Renaissancebau zu 
thun. — Vor dem Fenster eines der Klosterküche benachbarten, dem Abteihof 
zugekehrten Raumes wurden den Armen Speisen verabreicht. Auf diese Bestimmung 
deutet die an der äusseren Fensterbank eingehauene originelle Inschrift: 
»HERBEI ZUM HABERBREY! 
HIER IN DER SUPPEN HAST DU. : DER GERSTE DREY, 
IN DEM ANDERN PLECHLE DEN HABERBREY. 
AN DEN BRADEN DICH GANTZ NIT KEHR, 
DROLL’ DICH HINWEG, DIR WIRT NIT MEHR.« 
Klosterküche 
 
	        
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