FREIENSTEIN IOI
Freienstein seinen Namen. Jetzt gehört die Burg den Grafen zu Erbach-Fürstenau,
deren Sorgfalt darauf gerichtet ist, das Gebäude gegen ferneren Verfall zu schützen.
Der von Gammelsbach ansteigende Burgweg trifft unmittelbar vor der Veste
auf eine Mauerlücke. Hier stand das Vorthor in der äusseren Beringung, welche
mit dem Zwinger als zusammenhängendes Aussenwerk die eigentliche Dure um-
schloss. Nahe dabei ragen Strecken alten Gemäuers und Ueberreste der Um-
randung eines verschütteten Brunnens oder einer Cisterne aus dem Boden hervor.
An dieser Stelle überblickt man einen beträchtlichen Theil der Gesammtanlage,
die als eine kompakte Daugruppe (s. Grundriss Fig. 61) sich darstellt. Dem
Vorthor gegenüber lagern die Trümmer des inneren Burgthores, eigentlich eines
Thorbaues, dessen äussere
Beschaffenheit auf das ehe-
malige Vorhandensein einer
Zugbrücke hinweist, die sich
über den Webrgraben legte.
Dichte
jetzt die Vertiefung und er-
Schuttmassen füllen
leichtern den Zugang zur Burg.
Der Thorbau sank erst 1887 in
Trümmer. Die Mauern waren
von Schiessscharten durch-
brochen. Das erhaltene Gzebel-
Feld des zerstörten Portales be- Fig. 62. Freienstein.
Portalwappen.
steht aus einem Spitzbogen-
sturz mit Dreipassfüllung, worin das gestirnte Wappenschild der Schenken von
Erbach, nebst Helm und Büffelhörnern in Relief, seiner ganzen Formgebung nach
auf den Schluss des 14. Jahrhunderts deutet. (Fig. 62.)
Aelteren Ursprunges ist der rechts im Burghof aus einem Mauerzuge vor-
tretende viereckige Bautheil, dessen trümmerhaftes Steinwerk immer noch zu an-
sehnlicher Höhe emporstrebt. Der Bau charakterisirt sich durch die mangelnde
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Isolirung weniger als Bergfried im strengen Sinn; er gemahnt in der
ganzen Erscheinung eher an einen Wohnthurm oder Donjon. Die |} |
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auf einem Werkstück der unteren Steinschichten befindliche jahrzahl Be
ist für das Zeitverhältniss des Bautheiles nicht ausschlaggebend und kann sich
nur auf eine spätere Erneuerung beziehen, womit auch die Anfügung des kleinen
Ausbaues in Gestalt eines vorkragenden Gusserkers (moucharabı) im Zusammen-
hang stehen mag. Was dem Gebäude seine frühmittelaltrige Entstehung sichert,
das sind die mit Schlagrändern versehenen Bossenquadern an Ecken und Kanten,
eine Technik, welche diesseits der Alpen schon an Römerbauten vorkommt,
den ganzen karolingischen und romanischen Kunstkreis hindurch in Uebung war,
von der Mitte des 13. Jahrhunderts an aber auf lange Zeit verschwand und erst
von der Renaissance wieder in Pflege genommen wurde. Gerade die Ecksäume
an solchen Wehrbauten, in der Form von abwechselnd übergreifenden Buckel-
quadern, deuten hier zu Lande mit Verlässlichkeit auf das 13. Jahrhundert.
Burgruine