FÜRSTENAU
Tannenberg an der Bergstrasse auf den dem Ritter St. Georg geweihten Altar über-
tragen waren. Dem Zeitverhältniss nach kann übrigens das Heiligthum nur in den
Formen der Gothik errichtet gewesen sein. Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts
war die Kapelle in so schadhaften Zustand gerathen, dass Graf Georg II einen
Umbau vornahm, der 1587 zur Vollendung gelangte. Die quellenmässig verbriefte
Thatsache, wonach das romanische Hauptportal der nahegelegenen Steinbacher Ein-
hardbasilika, nebst Masswerk und Fenstergewänden der gothischen St. Leonhards-
kapelle bei Beerfelden, an diesem Neubau Verwendung gefunden, lässt darauf
schliessen, dass an dem in solcher Weise erneuerten Gotteshaus (zumal auch ihm,
wie sämmtlichen Bauschöpfungen des Grafen Georg Ill, ein Zug der Renaissance
nicht gefelilt haben kann) ein seltsames Stilgemenge zur Erscheinung gekommen
war. Ueber die Raumverhältnisse berichtet J. Ph. W. Luck aus eigener Anschauung:
»E&s ift ein geraumes hohes Gebäude, fo daß es den Namen einer Schloßfirche
wohl verdienet. Su den KHeiten des dreißigjährigen Krieges verfammelte fich,
wegen mehrerer Sicherheit, meiftens die ganze Pfarrey Mlichelftadt dafelbit.«
Im Jahre 18r1o wurde auch dieses Heiligthum nebst einem daneben befindlichen
Renaissance-Kanzleibau niedergelegt, um dem jetzigen weusen Schloss Platz zu machen,
an dessen südlicher Schmalseite ein halbrunder, zu einer Terrasse benützter Mauer-
stumpf als letzter Ueberrest des alten Werkes anzuschen ist. Seit der Niederlegung
des Gotteshauses ist mit ihm auch das vorerwähnte Prachtportal aus Steinbach
(eine Abbildung davon enthält der handschriftliche Rittersaal-Katalog zu Erbach)
spurlos verschwunden. — In einer Zeit wie das 17. Jahrhundert, welches — die
hohe Aristokratie nicht ausgenommen — an alchimistischen Wirrsalen, namentlich
an cler Manie unedle Metalle in edle Metalle zu verwandeln Gefallen fand, konnte
es nicht befremden, wenn auch in der Fürstenauer Architekturgruppe für solche
Zwecke ein Laboratorium entstanden war, von dem jedoch kein Stein mehr auf
dem anderen ruht. Das Gebäude erhob sich seit 1633 über der Thorfahrt einer
zwischen dem am jetzigen neuen Schloss befindlichen alten Mauerstumpf und dem
südwestlichen Thurm des gothischen Schlosses früher vorhandenen älteren Ver-
bindungsmauer, die 1590 durch eine in reichem Metallstil gehaltene Steingallerie
abgedeckt worden war.
Am Erdgeschoss der alten Burg unterhalb des grossen Erkers sind mehrere
Steindenkmale im Freien aufgestellt, von denen eine kleine römische, der Diana
gewidmete Volmwara, welche vor einigen Jahren unweit Fürstenau im Waldbezirk
ber den acht Buchen gefunden wurde, dem Alter nach voranzustellen ist. (Fig. 78.)
Das Epitaph lautet unter Ergänzung der Abkürzungen und Richtigstellung der
Schreibung folgendermassen: » Dianae votum Vıitalıs pro se et swıs votum solvıt
hbens laetus merılo.« Die Fehler des Originals können nach zahlreichen Ana-
logieen nicht befremden, wenn man erwägt, dass die Epigraphik solcher Denkmäler
nicht immer in grammatisch geschulten Händen lag, sondern meist von Steinmetzen
der römischen Besatzung in unverstandener Nachahmung handwerksmässig geübt
wurde. Die Abfassungszeit der Weihinschrift lässt sich im vorliegenden Fall schwer
bestimmen. In der Vertiefung der volutenartigen Bekrönung des Altares war aller
Wahrscheinlichkeit nach das herkömmliche Kugelornament befestigt. — Ein ro-
Steindenkmale
u. a. plastische
Ueberreste
Römische Ara
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