Profanbau
Mümling-Quellen
Io KREIS ERBACH
noch sämmtliche Hochwände mit ihren Spitzbogenfenstern und Kreuzgewölben er-
halten: die Unbill der Zeit hatte nur das Dachwerk hinweggetilgt. Jetzt steht von
den Arkaden kein Stein mehr auf dem andern und selbst von ihren Werkstücken
ist jede Spur verschwunden. Möglich, dass die Basamente der Säulen noch an
ihren ursprünglichen Stellen im Schutt vorhanden sind. Nur von den Umfassungs-
mauern und ihren nach der Thalseite hin freiliegenden Substruktionen sind grössere
Bestandtheile mit beachtenswerthen Sockelsimsen übrig und bieten Anhaltspunkte
zur Beurtheilung des rechteckigen Grundrisses. Ob an der Chorseite eine Altar-
nische vorlag, ist an dieser niedergebrochenen und mit Schutt bedeckten Stelle
nicht mehr zu erkennen. Die Höhe der aus dem abschüssigen Boden ansteigenden
westlichen Sockelmauer misst bis zum Sockelgesims 3 m. Letzteres besteht aus
meterlangen, meisselfertig behauenen Werkstücken in der Form des gedoppelten
Wasserschlags mit trennender Hohlkehle von kräftiger Unterschneidung. Ueber
dem Sims steht die westliche Hochwand stellenweise bis 1,50 m aufrecht. Die
Technik des nach Läufern und Bindern sorgfältig geordneten Mauerwerkes ist
tadellos und gewährt einen Rückschluss auf grosse Gediegenheit des verschwundenen
Hochbaues. Am Fusse der Ruine sprudelt der St. Leonhardsborn in moderner
Fassung; das alte Brunnenbecken liegt, unter wildem Gesträuch und Schlingpflanzen
versteckt, im Innern des verwüsteten Gotteshauses, welches den angrenzenden
Wohnhäusern des Weilers Leonhardshof als Steinbruch diente.
Aeltere Werke der Profanarchitektur sind in Beerfelden seit der Brand-
katastrophe nicht mehr vorhanden. Der von den Flammen halbzerstörte gothische
Centthurm in der Nähe der Kirche musste wie diese der Erde gleichgemacht
werden: sein Material ist unschwer in dem die alte Baustelle einfriedigenden
Mauerzug zu erkennen. — Mitten in der Stadt sind die Quellen der Mümling
innerhalb eines aufgemauerten grossräumigen Sandsteinbeckens einzeln gefasst und
entsenden ihre Wasserfülle vermittelst zwölf Röhren in’s Freie.
Im Besitz des Hrn. Steuerrath A. Decker befindet sich ein im Kastell Schlossau
der Mümling-Grenzwehr (vergl. Abschnitt XI Hesselbach) gefundenes Fragment
eines römischen Votivsteines der 22. Legion mit nachfolgender Inschrift:
ARL: SS... 0...
ANVS:Z: LEG: |)
XXH P EI LEG-
V:MACED:V SL:L-M:
Augenscheinlich sind an der Inschrift mehrere Stellen abgesprengt, auch
sind die beiden ersten noch vorhandenen Zeilen unvollständig. Von dem Buch-
staben, welcher in der ersten Zeile auf S folgt, ist noch eine schwache Spur vor-
handen, worin der Besitzer ein P vermuthet und hiernach die Inschrift ergänzt,
wie folgt: »Aclius Sp. . . . . (wahrscheinlich Spartianus) centurio legionis vicesimae
secundae primigeniae piae fidelis, legionis (oder legatus) quintae Macedonicae, votum
solvit libenter laetus merito«.
*) 2, Abkürzung für »centurio«.
a aa FE a a a Er a ee En en A _ nn er