KREIS ERBACH
Die Haselburg wurde lange Zeit als ein Kastell und als Stütz- und Reservepunkt
der Mümling-Wehrlinie erklärt. Dr. W. Franck.(s. Archiv XII, S. 25) wies zuerst
auf das Fehlen von Wall und Graben, sowie auf den Mangel der bei Römerkastellen
üblichen abgerundeten Ecken hin und sprach sich an der Hand dieser Kriterien
für den bürgerlichen Charakter der Siedelung aus. Volle Bestätigung erhielt Franck’s An-
schauung durch die im Herbst 1886 durch Hrn. Bezirks-Feldwebel H. Giess im Auftrag
des historischen Vereins für das Grossherzogthum Hessen geleiteten Ausgrabungen.
Diese Nachforschungen ergaben Granit und bunten Sandstein als Material der Um-
fassungsmauer, deren schwankende Breiteabmessung zwischen 0,95 m bis 2,80 m
sich bewegt. In der Nähe der Südwestecke kamen Bruchstücke von reliefartig mit
Linearzügen ornamentirten, halbgebrannten Thonfliessen, Spuren von farbigem Wand-
bewurf, Estrichfussböden, Ueberreste von Gefässen aus samischer Erde, von Glas-
vasen und Glasplatten, ferner eiserne Haken und Nägel innerhalb der Grundmauern
eines Gebäudes zu Tage, dessen Werkstücke, wie auch diejenigen eines in der Mitte
des Komplexes gelegenen Hauses grossentheils ausgebrochen sind. 1. F. Knapp
sah noch im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ansehnliche Ruinen römischer
Hypokausten, von denen bei der letzten Ausgrabung nur noch wenige Heizkacheln
vorhanden waren. Aufeinem 1841 in diesen Wärmeanlagen gefundenen Ziegelstein,
jetzt in der Sammlung des historischen Vereins zu Darmstadt, steht eine mit flüchtigen:
Griffel eingeritzte undeutliche Inschrift, die der genannte Forscher (vergl. Archiv II,
S. 186) folgendermassen erklärt: STRATURA TERTIA. LATERCULI CAPI-
TULARES Numferus) Lfegion:s) XXII. — Am Fuss des Riedberges, unweit
der Strasse von Höchst nach Schloss Nauses, liegt eine, Zaselhecke genannte Stelle,
die noch in den vierziger Jahren in dem unheimlichen Ruf des Geisterspuks stand.
Niemand wagte den Ort in der Dunkelheit zu betreten. Bei einer 1880 vorge-
nommenen Nachgrabung fand Hr. Giess wohlerhaltene Grundmauern eines Gebäudes
von 14,93 m Länge, 10,70 m Breite und ı m Dicke. Ein mächtiger Sandstein-
monolith diente als Eingangsschwelle und quadratische Ziegelplatten von 22 zu 23 cm
standen mit den Wänden im Mauerverband. Besondere Fundstücke, u. a. Ge-
fässfragmente von feiner Töpferwaare in Zerra sıgıllata und Ueberreste eines Hypo-
kaustums, stellen den römischen Ursprung der Anlage ausser Zweifel. — Auch .an
Grabstätten der heidnischen Vorzeit fehlt es der Umgebung von Höchst nicht.
Von einfacheren Sepulkralanlagen abgeschen, seien hier nur die im Gemeindewald,
auf dem sogenannten ‚SZufz befindlichen Gruppen von Hügeleräbern erwähnt, bei
deren Erforschung i. J. 1880 zwei kreisrunde, nach dem urthümlichen System der vor-
kragenden Steinsetzung angelegte Kammern aufgedeckt wurden, die mehrere Bronze-
ringe, kleinere wohlerhaltene und grössere zerstörte Thongefässe enthielten. Finige
Gräber zeigten Merkmale von Leichenverbrennung, andere von Leichenbestattung *).
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*) Die Fundberichte im obigen Schlusspassus stützen sich auf Mittheilungen des um die Erforschung der römisch-
germanischen Alterthümer der Gegend verdienten Hın. Bezirks-Feldwebels Heinrich Giess in Höchst, dessen Begleitung
der Verfasser beim Besuch dieser und anderer Römerniederlassungen im Kreise Erbach sich zu erfreuen hatte.
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