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Kunst-
gewerbliches;
Glocke
Wohnbau
Hof Rodenstein
KREIS ERBACH
Vier als Pendants gemalte lebensgrosse Heihgenfiguren — die h. Jungfrau
in der Auffassung als /mmaculata Conceptio auf der Mondsichel stehend und
von einer Engelglorie umgeben, der h. Nährvater Joseph mit dem Jesuskinde, und
zwei Bischöfe mit den Attributen ihrer Würde — gehören sammt den Rococo-
Umrahmungen der Mitte des ı8. Jahrhunderts an. Ungefähr gleichaltrig ist eine
auf Holz gemalte Taufe Christi in figurenreicher, perspektivisch abgestufter Fluss-
landschaft. Die Bilder stammen theils von Schloss Breuberg, theils von Villa
Hainhaus; ihr künstlerischer Werth ist nicht hoch anzuschlagen.
Das Orgelwerk, früher im Besitz der katholischen Kirche zu Offenbach,
zeigt Vegetativ-Verzierungen im sogen. Zopfsti. — Ein Werhwasserbecken aus
Messing verräth in der Formgebung Anklänge an die Renaissance des 16. Jahr-
hunderts. — Die ältere der drei Glocken, ehedem auf dem hohen Thurm zu
Schloss Breuberg, kam geschenkweise an das neue Gotteshaus; ihre Randschrift lautet:
AO. ı711 GOSS MICH JOHANN SCHNEIDEWIND IN FRANKFURT.
Einige im 16. und 17. Jahrhundert errichtete Wohnhäuser sind an den Ecken
ihrer Fachwerkgeschosse mit Holzschnitzereien geziert, deren Kern in der Regel
Spiralsäulen bilden, die anstatt des Kapitäls Arabeskenbüschel oder auch Mascarons
in Form von sogen. Sonnengesichtern tragen und auf den Basamentflächen die
Handwerks-Embleme des Bauherrn, u. a. Hammer, Zange, Hufeisen, als Reliefbilder
enthalten. — Ein nahe bei dem obenerwähnten Gerichtskreuz stehendes Haus
(Fig. 109) trägt die Jahreszahl 1569 und wirkt malerisch durch einen aus dem
Achteck konstruirten Erker mit geschwungener Schiefer-Bedachung. — Einzelne
Wohnhäuser aus dem 18. Jahrhundert haben holzgeschnitzte Kapitäle an den Thür-
pfosten. — Am jetzigen Schulhaus ist in den Bogen des Kellereinganges das Wappen
von Breuberg und folgende Inschrift in deutschen Buchstaben eingemeisselt:
»2Anmo. 15.2 ift diefer Keller von Beorg Otto zu Rodenftein der Zeit Erbah
Ampt vff Breuberg gebaut worden.«e — Eine durch einen kleinen Rundbogen
bezeichnete Stelle im hinteren Kellerraum des Hauses Nr. 33 galt seither als die
vermauerte Pforte eines vermeintlichen, von der Burg Breuberg nach Neustadt
herabführenden unterirdischen Ganges. Die Zweifel des Verfassers begegneten
insolange dem beharrlichsten Widerspruch, bis die von uns veranlassten Nachgrabungen
zu dem Ergebniss gelangten, dass der angebliche Gang lediglich in der Volksphantasie
besteht, die auch zu Neustadt, wie fast überall wo Burgen stehen, in der Annahme
solcher geheimnissvollen Bauanlagen mit Vorliebe sich gefällt. Der fragliche kleine
Rundbogen ist keine Pforte und besitzt keine corridorartige Fortsetzung; er ist
nichts anderes als ein unbedeutender Entlastungsbogen in der Kellermauer, dazu
ohne alle Pfostung. Dass auch ein zweiter unterirdischer Gang, welcher vom Breu-
berg nach dem nördlich davon gelegenen Dorfe Hainstadt sich erstreckt haben
soll, ins Fabelreich zu verweisen ist, davon war bereits in der Abhandlung über
Schloss Breuberg (s. S. 37) die Rede.
Ueberreste einer wehrhaften Bauanlage auf der Südseite der Stadt bestehen
in altem Gemäuer mit davor liegendem schmalem Wassergraben. Das Steinwerk
ist von mehreren einfachen Mauerschlitzen und einer trümmerhaften Pforte durch-