STEINBACH U. EINHARD-BASILIKA
keit auf grünem Wiesenplan und von einem Obsthain umgeben das verschwunden
geglaubte Gotteshaus, zwar trümmerhaft, aber in den erhaltenen Bautheilen so kennt-
lich, dass ein im vorromanischen Denkmälerkreis geübter Blick über den karolingischen
Ursprung nicht im Zweifel sein kann. Es ist die jetzt unter dem Namen Kloster
‚Steinbach bekannte Kirchenruine. (Fig. 128.)
Die Grundanlage des Gebäudes entspricht dem frühchristlichen Basılikenscheina.
Die Anordnung ist dreischiffig: erhöhtes Mittelschiff, niedrige Seitenschiffe, alle drei
Schiffe in halbrunde Absiden auslaufend. (Fig. 129 u. 130.) Der Oberbau ruht
auf schlanken, durch Archivolten verbundenen Pfeilern und war ohne Einwölbung.
Ob ein offener Dachstuhl, ob eine Flachdecke ihn abschloss, lässt sich mit Sicher-
heit nicht mehr bestimmen. Ein Nothdach überspannt jetzt das Gebäude. Aus-
ladungen der Ostparthie nach Nord und Süd sind nur in ganz geringen Vorsprüngen
vorhanden und entfernt nicht im Sinn eines Querschiffes zu deuten. Bis zum Vor-
chor folgen sich je sieben Arkadenstellungen, von denen die westlichste eine etwas
grössere Abmessung aufweist als die sechs übrigen Spannungen. An dieser Stelle
haben übrigens jüngere Zuthaten, die das ehemalige Vorhandensein einer 'I’hurm-
anlage annehmen lassen, den ursprünglichen Zustand durchgreifend verändert. An-
statt der früheren Fassade wird nämlich die Westseite jetzt von einer modernen
Mauer abgeschlossen, durch welche eine stillose Oeflnung in das Innere der Basilika
fährt. Nur das Mittelschiff, die Hauptapsis und die Apsis des nördlichen Seiten-
schiffes stehen von dem eigentlichen Einhardbau noch aufrecht. Vor der gegen-
wärtigen Westfront ist bei den in den letzten Jahren vorgenommenen Ausgrabungen
verschiedenes, grossentheils wieder verschüttetes Mauerwerk zu Tage getreten, worin
man die Ueberreste einer Vorhalle und eines Hofraumes vermuthet. Die Länge
des erhaltenen Mittelschiffes beträgt 2ı m ıo cm, die Breite 7 m 10 cm. An
die kleinere Seitenapsis legt sich ein Flügelbau, der als Winterchor gedient haben
mag. Die Anlage der nicht mehr vorhandenen Seitenschiffe lässt sich aus trümmer-
haften Maueransätzen und aus den über den schmächtigen Pfeilern hervorragenden
Konsolen mit Verlässigkeit folgern. Neuere Ausmauerungen am Chor und an der
Westseite bekunden die Sorgfalt des Grafen zu Erbach-Fürstenau für die Erhaltung
der Ruine, welche Eigenthum des Gräflichen Hauses ist und deren Inneres alsbald
nach dem von uns erbrächten Nachweis des altehrwürdigen Ursprunges des Bau-
werkes, der Profanirung — es diente bis dahin als Schreinerwerkstätte und Lager-
raum für Nutzholz — entzogen und in pietätvolleren Zustand versetzt wurde.*)
Ein Portal, das gegen Ende des 16. Jahrhunderts von der Westseite der Kloster-
kirche entfernt und an die später niedergelegte Schlosskapelle zu Fürstenau übertragen
wurde, ist dort nicht mehr zu sehen, ein Verlust, der um so bedauerlicher ist, weil
grade diesem Portal, wie noch näher ausgeführt werden wird, eine maassgebende Rolle
in der bisherigen, stilistisch irrigen und somit auch chronologisch unrichtigen Bezeich-
nung des Bauwerkes zugewiesen worden ist. Manche behaupten, das Portal sei beim Bau
des neuen Fürstenauer Schlossflügels dem Schicksal der Vermauerung anheimgefallen.
*%) Wenn trotzdem aus dem Inneren des Heiligthums ein alter Trainwagen noch immer nicht verschwunden ist,
so dürfte diess in Ansehung der eigenartigen Struktur des Fuhrwerkes kaum zu beklagen sein, und unser Zeichner hat
wohl daran gethan, das Vehikel, welches möglicher Weise die Kriegsereignisse des vorigen Jahrhunderts gesehen,
in seine Darstellung mit aufzunehmen.
Grundplan