258 KREIS ERBACH
nicht. minder beachtenswerth, dass die Uebereinstimmung mit der Kunst der Römer
auch auf die Einzelformen der Pfeilerkämpfer, Pfeilerbasamente und äusseren Apsiden-
gesimse, also auf die architektonische Zier sich erstreckt. In der Behandlung dieser
Schmucktheile spricht sich nämlich, gleich unverkennbar wie im Technischen,
jener Geist der römischen Architektur aus, der die dekorativen Glieder an den
Baudenkmälern der Karolingerzeit allesammt belebt und durchdringt und dessen
viel strengere Formensprache als die romanische nur noch in eingeschränkter Fort-
dauer während der unmittelbar auf das karolingische Zeitalter folgenden Epoche
bemerkbar ist. — Was zunächst die P/ellerkämpfer (Fig. 132), also diejenigen
Y%
BE
dekorativ behandelten Werkstücke betrifft,
welche an den Arkadenstützen das Kapitäl
vertreten, so sind Profilirungen nur an den
Innenseiten der Arkaden vorhanden, mithin
da, wo die Archivolten ansetzen. Anden
beiden anderen, dem Mittelschiff und den
Nebenschiffen zugekehrten Seiten sind die
Kämpfer ohne Gliederung und einfach ab-
DL geglättet. Die gleiche Formgebung findet
ke
sich zu Seligenstadt, wo namentlich die
Kämpferprofilirung — oberes und unteres
Plättchen, jenes vorgekragt, dieses einge-
zogen, dazwischen das steile sanft ge-
schwungene Karniesmotiv — genau mit
Steinbach übereinstimmt. Die auffälligste
Bildung zeigt aber das Aranzgesims an
der Aussenseite der Hauptapsis (Fig. 133);
denn dieser Schmucktheil ist in seiner aus
zweiübereinander vorkragenden, durch Plätt-
chen getrennten Karniesschwingungen be-
stehenden Gliederung mit der Kämpfer-
profllirung am Triumphbogen der karo-
lingischen Palatialbasilika zu Nieder-Ingel-
Fig. 132. Steinbach.
heim fast identisch. Dagegen eibt sich
Einhard- Basilika. Pfelierbasamente und i ; \ ei = =
Banned Arkaden de Iimshon eine Abweichung am Pfeilerschmuck der
!5 w.. Gr. Seligenstädter Basilika darin zu erkennen,
dass die Dekoration der Stützglieder dieser
jüngeren Einhard-Stiftung reicher auftritt als zu Steinbach, namentlich in der
attisirend durchgebildeten Formgebung der Pfeilerbasamente, die an der älteren
Basilika im Odenwald eine mehr karnies- und simsförmige Linienführung aufweisen.
Fasst man sämmtliche künstlerischen und kunsttechnischen Faktoren der Steinbacher
Kirchenruine in Eins und vergleicht man sie mit den vorgenannten Karolinger-
bauten im Grossherzogthum Hessen, so wird man leicht erkennen, dass sie eine
zu deutliche Sprache reden, um einen begründeten Zweifel an dem karolingischen
Ursprung auch des Steinbacher Bauwerkes aufkommen zu lassen. Jedermann, der
nn