Full text: Kreis Erbach (A, [2])

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
>66 KREIS ERBACH 
und Freund des Kunstalterthums wird vielmehr dieser Annahme rückhaltlos bei- 
pflichten, wenn er bei einem Besuche des altehrwürdigen Baudenkmales, in vor- 
urtheilsfreier Würdigung der Dinge, die kultur- und kunstgeschichtlich merkwürdige 
Oertlichkeit aufmerksam prüft. Fasst man die einschlägigen Kriterien rückblickend 
zusammen, so liegt der Schluss nahe: ein karolingischer Sakralbau ist auf dem 
Grund und Boden des ehemaligen Einhard-Besitzthumes zu Steinbach vorhanden, 
und, soweit neben positiven kunstarchäologischen und bautechnischen Anhaltspunkten 
auch das historische Sachverhältniss sich verfolgen lässt, kann ein begründeter 
Zweifel nicht mehr bestehen, dass in diesem Karolingerwerke die von Einhard um’s 
Jahr 815 errichtete Basilika (1102 ecclesza beatae Marine semper virginıs apud 
cellam Mhichlinstat) zu erkennen ist. 
Somit ist denn der Schleier hinweggezogen, welcher Jahrhunderte lang das 
zerstört und bis auf die letzte Spur weggetilgt geglaubte Kunstdenkmal den Blicken 
verhüllt und dem Bewusstsein der neueren und neuesten Zeit entfremdet hat. Das 
Karolingerwerk, welches auf dem stillen Wiesenplan zu Steinbach in trümmerhaftem 
Zustand trauert und über dessen Ruinen der Geist Einhard’s und Imma’s schwebt, 
hat nach dem unverdienten Schicksal völliger Verschollenheit und Vergessenheit 
Anspruch darauf, nicht allein an der Spitze der frühesten Sakralmonumente der 
Provinz Starkenburg zu stehen, sondern am ganzen Mittelrhein diesen ihm ge- 
bührenden hohen Rang einzunehmen. Die Einhard-Basilika im Kreis Erbach ist in 
der That die älteste in ansehnlichen Ueberresten erhaltene Schöpfung christlich 
germanischer Architektur in mittelrheinischen Landen und überhaupt eines der 
kostbarsten Denkmäler baukünstlerischer Vorzeit.
	        
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