ee
ERBACH 45
Erbacher Dynasten seien ein freies fränkisches Geschlecht gewesen, welches nach
der Besitznahme der mittelrheinischen Zone durch die Franken seit dem Ende des
5. Jahrhunderts im Odenwald festen Fuss gefasst habe, beruht ebensowenig auf
urkundlichen Beweismitteln wie die andere Ansicht, welche Einhard, den Inten-
danten, Biographen und vertrauten Freund Karl’s des Grossen, als den Stammvater
des Erbachischen Hauses bezeichnet. Die beiden Meinungen ziehen lediglich aus
der Entwickelung der allgemeinen Verhältnisse des Landes ihre Schlussfolgerungen,
denen übrigens eine gewisse Wahrscheinlichkeit nach der einen und der anderen
Seite hin nicht abzusprechen ist, mögen sie immerhin des zeugenhaften Werthes
ermangeln. Historisch begründet ist nur die Thatsache, dass das Haus Erbach
noch heute im Besitz des Landes sich befindet, welches Einhard von König Ludwig
dem Frommen i. J. 815 als Schenkung erhielt und wenige Jahre später der Abtei
Lorsch unter dem Vorbehalt übertrug, dass es seinen etwaigen Nachkommen zu
Lehen gegeben werde.
Die urkundlich beglaubigte Genealogie des Hauses beginnt erst gegen die
Mitte des ı2. Jahrhunderts und wird eröffnet durch Eberhard von Erbach, welcher |
darum im Geschlechtsregister des Gesammthauses Eberhard I heisst. Sein Name
kommt im Lorscher Kodex in einem Zusammenhang vor, wonach das Todesjahr |
dieses mit Sicherheit bekannten frühesten Ahnherrn der Erbacher in die Zeit von |
1147 bis 1150 zu setzen ist. Als sein Sohn und Nachfolger gilt Eberhard II,
von dessen Söhnen Gerhard I als Reichsministeriale und Reichsschenk auftritt.
Bald darauf erscheinen die Erbacher Dynasten als Ministerialen und Schenken der
Pfalzgrafen, ein Verhältniss, welches im 13. Jahrhundert zum Lehensverband sich I
gestaltete, ohne jedoch der eigenen Landesherrlichkeit Eintrag zu thun. — Um die
Mitte des genannten Säkulums schritten die Brüder Eberhard III und Konrad I ll
zu einer Landestheilung und wurden die Stifter der beiden Hauptlinien Erbach- |
Reichenberg und Erbach-Erbach, von denen die erstere in der darauffolgenden I
Generation unter den Brüdern Johannes und Eberhard abermals in zwei Unter- Il
linien sich theilte, welche füglich am besten mit den Namen Erbach-Reichenberg- Es
Fürstenau und Erbach-Reichenberg-Michelstadt bezeichnet werden, indem die Dynasten 73
des Johanneischen Zweiges in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ihren Wohn-
sitz vom Reichenberg, zuerst als Erbburgmänner, später als wirkliche Besitzer, in |
das Kurmainzische Schloss Fürstenau verlegten. Diese drei Linien, Erbach, Fürstenau
und Michelstadt, erhielten sich gesondert von einander bis zum Ausgang des Mittel-
alters. Im Beginn der Neuzeit starb zuerst die Erbacher Linie 1503 mit Schenk il
Erasmus aus, und mit dem 1531 erfolgten Tod des Schenken Valentin erlosch RS
auch die Michelstädter Linie. In Folge dessen wurde die Linie Fürstenau das
neuere Stammhaus des Erbacher Geschlechtes. Schenk Eberhard XIII erwarb
i. J. 1532 die Grafenwürde und heisst darum in der Genealogie seines Hauses
Graf Eberhard I. Kurz vor seinem Ableben fheilte er die Grafschaft unter seine
drei Söhne, die Grafen Georg I, Eberhard II und Valentin I, worauf nach dem
Hinscheiden der beiden kinderlosen Brüder Georg und Valentin der gesammte
Hausbesitz, vermehrt durch die ererbte Hälfte der Herrschaft Breuberg und die
vormals Rieneckische Herrschaft Wildenstein, dem Grafen Georg II, Sohn Eber-