Sakristei
Thurm
Glocken
KREIS ERBACH
homiletischen Sprechhalle nicht hinaus, ganz in Uebereinstimmung mit zahlreichen
anderen in jener Zeit entstandenen, dem sogen. architektonischen Rationalismus
huldigenden Predigtsäälen, denen jede kirchliche Stimmung fehlt. Eine ungegliederte
Flachdecke überspannt den Raum, an dessen Hochwänden Doppelreihen von Em-
poren angebracht sind. Der Hofloggia gegenüber bilden Altar, Kanzel und Orgel-
bühne in aufsteigender Anordnung eine hochragende Gruppe. Altar und Kanzel
haben Erbacher Marmor zum Material und zeigen Verzierungen in Weiss und Gold.
Engelpaare halten die am Rande des Kanzeldeckels hängenden holzgeschnitzten
Draperieen. Hoch oben auf dem Orgelgehäuse erscheinen posaunenblasende
Himmelsboten. Eine Wappendecoration in Rococoornamentik schliesst das Ganze
in befriedigender Weise ab.
Die Sakrıster ist der einzige Gebäudetheil älteren Ursprungs; sie besteht
nämlich aus dem Untergeschoss eines im Zuge der Beringung des ‚Sfädtels dicht
am Mümlingufer befindlichen ehemaligen Mauerthurmes. Das Thurmgeschoss hatte
schon der niedergelegten Stadtkapelle als Chorraum gedient. In seiner früheren
Vollständigkeit war der alte Wehrthurm als Glockenthurm eingerichtet. -— An mittel-
altrigen liturgischen Gefässen und Devotionalien aus Edelmetall besitzt die Sakristei
nichts mehr. *)
Der 7hurm der jetzigen Kirche baut sich auf quadratischem Grundriss in
drei Geschossen auf. Ueber dem von einer eisernen Balustrade mit Wasserspeiern
in Fischgestalt umschlossenen, weit vorkragenden Kranzgesims setzt die Viereckform
in ein verjüngtes Oktogon um, mit abwechselnd breiten und schmalen Wandflächen ;
die letzteren sind gegiebelt. Die Bekrönung des Oktogons besteht aus einer schiefer-
bedeckten sogen. welschen Haube und einem Laternenthürmchen mit kuppelartig
anhebendem, dann pyramidenförmig verlaufendem Abschluss, aus welchem über dem
Thurmkopf ein vergoldetes stilisirtes Kreuz in die Lüfte ragt.
Die Kirche hat vier Glocken, von denen die drei kleineren i. J. 1850 umge-
gossen worden sind. Die erhaltene grosse Glocke, welche laut der Erbacher Kirchen-
rechnung aus dem Kloster Schönau stammt und 1563 nach Erbach überführt
wurde, trägt folgende Inschrift:
DCECCLVII-V: KL- SEPS-HCD-E:-HC-OPVS-IN-HoE-
SCE- DARIE:-SVB:-DO.-IONE -ABBE-XRXI- A-ERHORE-
NICOLAO -DCO - SNISZ- SACE-E5:-DONHCHO::
d. i.: »Im Jahr 1357 am 28. August ist dieses Werk zu Ehren der heiligen Jungfrau
Maria unter Herrn Johannes, dem einunddreissigsten Abte, vom Bruder Nikolaus,
genannt Snitz, Priester und Mönch, gemacht worden.« Die Inschrift legt die Ver-
muthung nahe, dass in der leider nicht näher bezeichneten Abtei der Glockenguss
durch den kunstverständigen Ordensmann Nikolaus Snitz in grösserem Umfang be-
trieben wurde. Schon der alte Daniel Schneider (1736) hat diese Glockennotiz
der Aufzeichnung für werth erachtet, gleichzeitig aber auch folgende Inschrift des
*) Ueber ehedem Vorhandenes s, J. Ph. W. Luck, S. 8 und og.
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