Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

      
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
     
   
   
   
   
   
    
Missale 
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
in folgender Fassung: |} ü} a 5 > ; G . — Hinsichtlich der Ur- 
heberschaft der Gemälde En fing > > {) wurden bisher bald 
Schongauer, bald Wohlgemuth, bald Dürer genannt. Wir können uns ‚für keinen 
dieser Meister entscheiden und sind vielmehr auf Grund sorgfältiger Vergleichung 
und Erwägung zu der Ansicht gelangt, dass diese Arbeiten für die Schwäbische 
Malerschule in ihrer Augsburger Verzweigung und zwar für die Schule Hans Hol- 
bein des Aelteren zu beanspruchen sind. Diese Schule bewegte sich in den ent- 
schiedensten Gegensätzen. Bei Darstellung heiliger Personen gebot sie über eine 
glückliche Verbindung von Adel der Form und Hoheit des Charakters in den Ge- 
sichtszügen, und dafür spricht im vorliegenden Falle das Veronikabild, das des Führers 
der Schule selbst nicht unwürdig ist. Anderseits gefiel sich die Schule bei geistig 
verworfenen Personen, zumal auf ihren Passionsbildern — im Sinn der volksthüm- 
lichen Anschauung, das Hässliche sei auch das Böse — in widrigen Zerrbildern, wo- 
für die Peiniger in der Dornenkrönung und Verspottung Christi Zeugniss geben. 
Ob die Bilderserie in Tempera, ob in Oel, ob in Verbindung beider Verfahrungs- 
weisen gemalt ist, lässt sich durch den Augenschein nicht erkennen und kann nur 
durch genaue technische Prüfung nachgewiesen werden. 
Eine Missale, ohne Jahrzahl und Druckort, dürfte in Anbetracht seiner 
gothischen Lettern in den Uebergang vom 15. in’s 16. Jahrhundert zu setzen und mit- 
hin noch als Inkunabel zu betrachten sein. Auf diese Zeitstellung deutet auch der 
eingeklebte kolorirte Holzschnitt einer Kreuzigung sowie die auf rothem und grünem 
Grunde ornamentirte Majuskel T in den Eingangsworten des canon missae: Te igitur 
u.s. w. Der Ledereinband ist jüngeren Ursprunges; seine renaissancemässigen Ro- 
setten und herzförmigen Palmetten gehören der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts 
an. — Die hiermit erörterten, im obenerwähnten gothischen Sakristeischrank aufbe- 
wahrten Kunstgegenstände sind die letzten Ueberreste des einst so reichhaltigen 
mittelaltrigen Kirchenschatzes.*) 
*) Ein dem Verfasser zur Verfügung gestellter » Auszug aus dem Berichte des Grossherz2og- 
lichen Kreisbauamts Erbach d. d. 20. December 1865, betreffend die Herstellung der evange- 
lischen Stadtkirche zu Wimpfen am Berg«, sagt von der Sakristei: ».Sre enthält ausser einer 
ziemlich reichen Bibliothek, werthvolle Messgewänder, Teppichstücke, Kelche und ein Hostienkäst- 
chen aus dem Mittelalter, letzteres mit Malereien von Albrecht Duerer.« — Jetzt ist von der 
»ziemlich reichen Bibliothek«, mit Ausnahme des soeben erwähnten Missale, Nichts mehr übrig; 
von alten » Äelchen« nur der oben erörterte Messkelch; unter dem » Zostienkästchen« ist jedenfalls 
der Korporalienschrein zu verstehen; von »werthvollen Messgewändern und Teppichstücken« hin- 
gegen hatte die Sakristei bei unserem Besuche im Sommer 1890 Nichts mehr aufzuweisen. Auch 
von einer dreitheiligen Altartafel (Triptychon) mit auf Leinwand gemalten Bildern, ferner von Go- 
belins aus dem ı5. Jahrhundert und den drei Degen der in der Schlacht bei Wimpfen gefallenen 
Offiziere v. Fleckenstein, Koch und v. Rotenhan — was Alles in den I870 erschienenen Schriften 
von L, Frohnhäuser und L. v. Lorent als »rn der Sakristei Erwähnenswerthes« verzeichnet steht 
— ist an Ort und Stelle nichts mehr vorhanden. Einigen Aufschluss über die Veräusserung dieser 
Objekte enthält ein von Herrn Reallehrer J. Eck zu Wimpfen uns mitgetheilter Vermerk des 
evangelischen Kirchenrechners, wonach in den Rechnungsjahren 1883/84 »Kunstgegenstände« an 
das Grossherzogliche Museum zu Darmstadt für 2950 Mark und 1884/85 für 50 Mark; im näm- 
lichen Jahre an Gutekunst in München für 50 Mark, und 1885/86 »Alte Bücher« an Antiquar 
Jos. Bär in Frankfurt für 320 Mark verkauft worden sind. 
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