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WIMPFEN A.B. 8
Kunstwissenschaft schwerlich fehl gehen, wenn sie den trefflichen Künstler der von
den fränkischen Bildhauerschulen zu Nürnberg und Würzburg beeinflussten mittel-
rheinischen Schule im Frühstadium des Ueberganges von der Gothik zur Renaissance
beizählt. Ganz abgesehen von stilverwandten Arbeiten im Mainzer Dom und am
Mainzer Marktbrunnen, deuten nämlich die beiden Kalvarienberge auf dem Domhof
zu Frankfurt a. M. und auf dem St. Ignaz-Kirchhof zu Mainz wie mit Fingern auf
die gleiche Zeitstellung und annähernd auch auf die gleiche Werkstatt, welcher das
Wimpfener Monument entsprossen ist. Zudem erstrecken sich die wechselseitigen
Beziehungen der drei Kreuzigungsgruppen nicht nur auf Allgemeines in der An-
ordnung sondern auch auf Einzelheiten im Figürlichen und Epigraphischen, sowie
auf das Tuffsteinmaterial aus den Laacher Brüchen.*) — Neuerdings ist man geneigt,
diese sämmtlichen Arbeiten mit der Bildhauerwerkstatt in Verbindung zu bringen,
die damals zu Mainz unter Hans Backoffen aus Sulzbach geblüht zu haben scheint,
zu dessen und seiner ehelichen Hausfrau Catharina Fustin Gedächtniss die von diesem
Ehepaar testamentarisch gestiftete obenerwähnte Kreuzigung auf dem Mainzer St.
Ignazfriedhof "errichtet worden ist, wie aus einer an dem Untersatz des Monumentes
eingemeisselten Inschrift erhellt. Die Frage, ob die Komposition des Werkes noch
von Hans Backoffen selbst, die Ausführung aber von seinen Schülern und Nachfolgern
herrührt, bedarf zukünftiger Lösung.
Das Gehäuse (Fig. 37), welches über der Kreuzigungsgruppe sich aufbaut, ist
nicht das ursprüngliche. Es ging ihm ein Schutzdach vorher, das mit der Kalvarien-
gruppe gleichaltrig war, und wovon eine Konsole und eine
Säule aus Heilbronner Sandstein erhalten geblieben sind.
Die Konsole (Fig. 38) ist in die Nordwand des dicht
angrenzenden Beinhauses eingelassen und liefert durch die
Formgebung ihres Blattschmuckes ein nicht unwesentliches
Kriterium für die Bestimmung der Entstehungszeit des
ganzen Werkes, als Denkmal der verklingenden Gothik
im Beginn des 16. Jahrhunderts. Das jetzige Schutzdach Fig. 38. Wimpfen a. B.
ist nahezu ein halbes Jahrhundert jünger und folgt den AÄonsole vom ehemaligen
ö : 5 ; : gothischen Gehäuse der
Gesetzen der Renaissance. Die reich ausgestattete gothischa ° —. u RR
i ; ; n S i } Kreuzigungsgrußpe.
Konsole blieb beim Umbau des Hauses struktiv unberück-
sichtigt; die auffallend schlichte gothische Säule hingegen wurde in den Neubau
hereingezogen als Stütze der hinteren Giebelwand an der nördlichen Schmalseite.
Der oktogonale Säulenfuss zeigt ein verjüngtes Doppelbasament mit gekehlten Wasser-
schlägen. Den aus zwei Monolithen bestehenden schlanken Rundschaft krönt ein würfel-
förmigeer, an den unteren Ecken ausgeschmiegter Kämpfer. Darüber lagert ein mit Hohl-
*) Unter den in der »Festschrift zur Jubelfeier des fünfzigjährigen Bestehens der Gross-
herzoglichen Technischen Hochschule zu Darmstadt, Darmstadt 1886« erschienenen Abhandlungen
von Professoren dieser Hochschule vergleiche man den Aufsatz »Die Kreuzigungsgruppen am Dom
zu Frankfurt am Main, an der Pfarrkirche zu Wimpfen am Berg und an der St. Ignazkirche zu
Mainz. Von Heinrich Wagner«, worin die Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten der drei Kal-
varienberge eingehend besprochen sind. Fig. 36 und die Gruppe der Patrizierwappen S 86 sind
dieser Abhandlung entlehnt,
Gehäuse der
Kreuzigungs-
gruppe