Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

    
   
    
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
    
  
   
        
   
     
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WIMPFEN A. B. 97 
zu sein. Auch die Bauerneuerung vom Anfang des 18. Jahrhunderts liess es in diesem 
Betracht beim Alten. Dagegen schritt sie zu einer Umgestaltung der Fenster- 
architektur, theils durch Einziehung einer in geringer Entfernung vom Sockel an- 
setzenden kreisrunden Lichtöffnung von 95 cm Durchmesser, theils durch Umbau 
eines in gleicher Richtung hochansteigenden weiträumigen Fensters, das auf steiler 
othisirender Sohlbank bis zu dem den Baukörper abtheilenden Mittelsims sich erhebt 
und oberhalb des Pfosten- und Maasswerkes mit ähnlichem Sturz barockisirend ab- 
schliesst wie die Oberfenster der nördlichen Hochwand. Die Spitze des W estgiebels 
schmückt ein schmiedeisernes Kreuz mit Stern und Halbmond als Weetterfahne. — 
An die Südseite des Langhauses stösst der Kreuzgang, dessen Bedachung bis an die 
dem oberen Lichtgaden der Nordseite entsprechende Fensterreihe hinaufreicht und 
von dessen Struktur und Stilformen weiter unten die Rede sein wird. 
Der ansehnliche Dachreiter stammt, wie bereits erwähnt, aus der Barockära 
und bekundet dieses Zeitverhältniss im Grundzuge seiner baulichen Beschaffenheit, 
ungeachtet der später hinzugekommenen Veränderungen. Sein Ansatz am Dachfirst 
des Langhauses beginnt quadratisch, geht sodann in die Oktogonalform mit pilastrirten 
Ecken über, worauf unter Vermittelung eines gestuft ausladenden Simses eine acht- 
theilige grössere Kuppel in Gestalt einer sogen. welschen Haube folgt. Den Abschluss 
bildet eine über der Hauptkuppel ansteigende zwiebelförmige kleinere Kuppel mit 
Knopf und krönendem Doppelkreuz. — Die Glocken sind neu. Vom alten Geläute 
war das längere Zeit ausser Gebrauch gesetzte M essglöckchen im Pfarrhof sorg- 
fältig aufbewahrt, ist aber seit 1894 wieder an seine ursprüngliche Stelle im Dach- 
reiter zurückgebracht. Das reich ornamentirte Glöckchen misst 42 cm in der Höhe; 
der Durchmesser des Schlagringes beträgt 35 cm. Die Oesen der Glockenkrone 
sind mit Mascarons und die Flanken der Haubenwölbung mit Genienköpfen verziert. 
Drei Reliefbilder schmücken die Wandungen des Glockenleibes: ein Krucifixus und 
zwei Medaillons, von denen das grössere die Profilbüste der Muttergottes mit der 
Inschrift MATER SALVATORIS ORA P. N., Mutter des Erlösers bitte für uns, 
und das kleinere Medaillon den h. Nährvater Joseph mit dem Jesusknaben und die 
jezeichnung S. IOSEP enthält. Die unterhalb der Haubenwölbung befindliche 
Giesserinschrift lautet: ME FECIT MEZGER HEILBRONNENSIS 1778. 
Weit mehr als das Aeussere wurde das Innere des Gotteshauses durch 
stilwidrige Veränderungen in der Barocco- und Rococozeit seines ursprünglichen 
Charakters beraubt. Mit Ausnahme der vier Spitzbogenfenster an der Nordseite ist 
jede Spur gothischen Baustiles der Neuerung zum Opfer gefallen. In welchem Grade 
der damaligen Generation, der Klerus nicht ausgenommen, Sinn und Gefühl für die 
kirchliche Kunst des Mittelalters verloren gegangen war, bekundet nicht nur die 
stilistische Umgestaltung des Innenbaues in dekorativem Betracht, sondern vornehmlich 
die Thatsache, dass das ungeheuerliche Projekt auftauchen und ausgeführt werden 
konnte, den herrlichen Chor um seine hochmonumentale Wirkung durch Aufstellung 
eines Hochaltarbaues zu bringen, dessen rücksichtslose Ausdehnung die ganze Breite 
und Höhe des Vorchores einnimmt. Als Gipfel der Geschmacklosigkeit und Impietät 
wurde sodann das Chorhaupt durch Umwandlung in eine zweite Sakristei nebst 
Oratorium total verunstaltet und seiner Bestimmung als altehrwürdiges Altarheilig- 
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Dachreiter 
Messglöckchen 
Klosterkirche: 
Innenbau 
  
  
 
	        
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