Ueberreste
gothischen Ge-
stühles und go-
thischer Gewöl-
beschlusssteine
Orgel
110 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
des Holzplastikers Christian Felderer aus Gemünd, welcher, nachdem er während
einiger Jahre als Laie für das Kloster gearbeitet, unter dem Namen Frater Andreas
in die Ordensgenossenschaft eintrat und fortan unablässig für den Konvent künstle-
risch thätig war. Felderer bekleidete gleichzeitig die Stelle eines Klosterkochs;
sculptor et coguus nennt ihn die Konventschronik. Das in der alten Sakristei befind-
liche Mortuarium gibt ihm den Beinamen statuarius celeber und registrirt seinen Tod
unter dem Jahre 1778. Nach der nämlichen Chronik waren die beiden Konversen
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(d. i. Laienbrüder) Wendelin Unterfinger und Joseph Bockmeyer seine Gehilfen. Die
Wirksamkeit der klösterlichen Bildhauerwerkstatt erstreckte sich im Innern der
Kirche, ausser dem Chorgestühl, auch auf die Anfertigung des Orgelgehäuses, der
Kommunionschranken, der Beichtstühle und des Gemeindegestühles im Langhause.
Felderer’s Meisterschaft gipfelt jedoch im genannten Chorgestühl, das er am Abend
seines Lebens in den Jahren 1773 und 1774 ausgeführt hat. In diesem Werke konnte
die Zierlust des trefllichen Schnitzers sich vollauf genug thun. Es ist zum Erstaunen,
mit welcher Sicherheit und Feinheit es dem in der Einsamkeit des Klosters schaffen-
den Meister gelang, die sprudelnde Rococo-Entwickelung stetig zu verfolgen und in
deren Eigenthümlichkeit sich einzuleben, besonders in ihre Vegetativ-Ornamentik, die
im Chorgestühl ausschliesslich das Scepter führt.
eothischen
Ansehnliche Ueberreste des vom Rococo-Chorgestühl verdrängten g
Chorgestühles sind im westlichen Theil des Langhauses in fünf Knie- und Sitz-
reihen erhalten, deren kräftige Formgebung auf das 15. Jahrhundert zurückdeutet
und als deren Verfertiger die Klosterchronik unter dem Jahre 1462 den Frater
Friedrich Taucher nennt. An den skulptirten Wangen des Gestühles treten lebhaft
geschnittene Spitzbögen mit Fischblasen-Maasswerk auf, während die Stuhlknäufe mit
dem Jesusmonogramm, dem Reichsadler, den drei Schilden der Weinsberger und
einem Allianzwappen verziert sind, in dessen Feldern die Reliefbilder einer stilisirten
Vogelschwinge und eines Schweinskopfes auf Mitglieder der Herrengeschlechter
Ehrenberg und Schlatt (Heinrich und Anna von Ehrenberg ?), als Stifter des alten
Gestühles sich beziehen. — Nahe dabei, im Mittelgang des Langhauses, wird der auf-
merksame Kunstfreund die vier Sandsteinbasamente des hier aufgestellten Prozessions-
Baldachines nicht übersehen und darin unschwer gothische Gewölbeschlusssteine mit
Ansätzen von Wölbungsrippen erkennen, deren Herkunft dunkel ist.
Von grösserer Mannigfaltigkeit plastischer Auszier als die Rococo-Chorstühle
ist das Orgelgehäuse (Fig. 49), woran ausser dem Ornamentalen auch das Figür-
liche nach den Anforderungen des Rococo zu seinem Recht gelangt. Sowohl die
lebensgrosse bewegte Madonnenfigur in der Auffassung als gekrönte Himmelskönigin
wie zahlreiche psallirende und musicirende Himmelsboten sind von trefflicher Wir-
kung inmitten der Fülle des Vegetativschmuckes, der den Aufbau des Gehäuses A
nach allen Richtungen hin leicht und luftig umzieht. — Das Orgelwerk entstand im
Jahre 1749 unter dem Prior Ambrosius Messerer und ist eine vorzügliche Leistung
des Orgelbauers Johann Adam Ehrlich aus Wachbach bei Mergentheim unter Mit-
wirkung der Franziskaner-Konversen Theodor und Kasimir von Sinsheim. Die Orgel
zählt 32 Register und besitzt 2 Klaviaturen. Leider hat das Werk durch anderthalb-
hundertjährigen Gebrauch gelitten und bedarf kunstverständiger Hilfe zum Wieder-