116 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
sind. Das dritte Medaillon zeigt eine schwebende Weltkugel und einen Hund mit
lodernder Fackel als Emblem des Dominikanerordens, sowie zwei gekreuzte Stäbe
mit einem dazwischen aufsteigenden Stern als Konventszeichen nebst den Initialen
C. W. FF. ©. P., d. i. Conventus Wimpinensis fratrum ordinis praedicatorum,
und eine verschiedentlich gedeutete Jahreszahl. Manche lesen 1720, Andere 1728,
1770 und 1778. Die Kreuzbalken des Reliquiars sind an den Ecken und Kanten mit
Silberornamenten gesäumt und auf ihren vergoldeten Flächen mit Halbedelsteinen
und Glasflüssen in tiefem Roth, Blau, Grün und Rosenroth besetzt. Die Enden des
Kreuzes laufen in Dreipässe aus, die reiche Zier an Perlen und Gold tragen, und
den Inschriften gemäss Reliquien der h. h. Apostel Petrus, Paulus, Philippus und
Jacobus enthalten. Das Altarkreuz ist umgeben von flammenden Goldstrahlen und
silbernen Wolken, aus denen liebliche Engelköpfe hervorlugen. Andere Himmels-
boten erscheinen als Träger der
Passionssymbole. Den von syri-
schen Granaten umschlossenen
Mittelpunkt des Ganzen bildet ein
unter Glas geschütztes silberver-
eoldetes, an den Enden mit Ru-
binen und Saphiren besetztes
gleicharmiges, sogen. griechisches
Kreuz von 6 cm Höhe, 4 cm Breite,
in unsymmetrischer, nicht streng
rechtwinkliger Gestalt, wie ne-
nebenstehende Abbildung zeigt.
Auf der Schauseite des kleinen Heiligthums ist in dessen Längsarm eine Partikel
des h. Kreuzes eingelassen, flankirt auf dem Querarm von den mit kleinen Kreuzen
ausgestatteten symbolischen Lettern Alpha und Omega. Die Rückseite des horizontalen
Kreuzarmes trägt die gravirte Inschrift: DE LIGNO DOMINI, d. i. vom Kreuzhols
des Herrn.
Die Formgebung der Inschrift zeigt die vom 11. bis in’s 13. Jahrhundert, also
von der romanischen bis in den Beginn der gothischen Stilepoche übliche Kombination
römischer und mittelaltriger Majuskeln. Die am oberen Theil des Kleinods angebrachte
Oese scheint darauf hinzudeuten, dass dasselbe anfänglich das Pektoralkreuz eines
hohen kirchlichen Würdenträgers war. Einer vielverbreiteten Tradition zufolge soll
denn auch die kostbare Partikel von dem seligen Albertus Magnus, Bischof von
Regensburg, welcher das Kleinod als Brustkreuz getragen habe, nach Wimpfen ge-
stiftet worden sein. Nach Jahrhunderte langer Verschollenheit trat das kleine Reliquar
im Jahre 1717 während der damals stattgefundenen Bauveränderung der Klosterkirche
aus dem Dunkel wieder an’s Tageslicht. Beim Versetzen des Hochaltares aus dem
Chorhaupt an seinen jetzigen Standort am Eingang des Chores fand man das von
einer Bleikapsel umschlossene Kreuz nebst den vorerwähnten Apostelreliquien in dem
Altarsepulcrum unmittelbar unter der Mensaplatte. Die Erhebung geschah unter
grossen Feierlichkeiten. Von da an wurde die Partikel ein Gegenstand hoher Ver-
ehrung und erhielt in der Folge die glanzvolle Ausstattung als Heiligkreuz-Reliquiar,