EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
M:-M-M-M-M-
INHABITAVIT HAS IPSAS AEDES
AB ANNO MDLI AD ANNUM 15
MAGNUM CUM FRUCTU CATHEDRAE WORMAT.
Aus diesen beiden Inschriften geht zunächst als Thatsache hervor, dass der
Architekt, welcher den Umbau der Curia vollführte, Bartholomäus Schierch hiess,
dass derselbe von 1551 an 15 Jahre lang, also bis 1566, das Werk geführt und während
dieser Bauzeit im Wormser Hof gewohnt hat. Aber diess nicht allein. Meister
Schierch hält es für angemessen, sich und seine That rühmend anzusingen, indem
er in volltönenden Distichen den Leser und die Nachwelt auf sein hochvortreffliches
Werk, opus eximium, und auf seine eigene hochbedeutende Person, quis fuerim,
hinweist. Die unbarmherzige Nachwelt wird jedoch für solche Selbstberäucherung,
die übrigens in damaligen Künstler- und Gelehrtenkreisen herkömmlich war, kaum
mehr als ein mitleidiges Lächeln haben, zumal die künstlerische Wirkung des Bau-
werkes innerhalb sehr bescheidener Grenzen sich bewegt. Gleichwohl dürfte dem
Umbau des Wormser Hofes eine gewisse
Bedeutung für die Wimpfener Kunstge-
schichte nicht abzusprechen und damit im
Zusammenhang die hochtrabende Portal-
inschrift minder herb zu kritisiren sein,
\ N
N R
RU
N
\ AN
N RN NW . .
N u, wenn man erwägt, dass um die Mitte des
N AA /
NEN 1) : .
Ri) 16. Jahrhunderts in der alten Reichsstadt
"nn |
WET. die Gothik noch nicht erloschen war und
daselbst sogar in Uebung blieb, nachdem
Fig. 84. Wimpfen a. B. Wormser Hof. schon die Renaissance ihre ersten Ver-
Brunnenschale. suche gemacht hatte. Beispielsweise sei er-
wähnt, dass das gothische Kellergewände
an der Südfront des Steinhauses (s. S. 151) die Jahrzahl 1566 trägt, während die
Renaissancesäule am Gehäuse des Kalvarienberges neben der Stadtkirche (s. 5. 86)
bereits aus dem Jahre 1551 stammt. In eben diesem Jahre begann aber auch
Schierch seinen Umbau des Wormser Hofes. Kein Zweifel, dass dieses Werk den
Reichsstädtern im Lichte einer stilistischen That erschien, die, wenn auch nach
heutiger Anschauung noch so anspruchslos, immerhin zur Erklärung des Selbst-
gefühles geeignet ist, womit der früheste Wimpfener Renaissancist, Schierch,
sein Gebäude dem »Leser« der dithyrambischen Inschrift sowie der »Nachwelt« im
Zrustton vorführt.
Sonst bietet der Gebäudekomplex, der seit 1803 Staatseigenthum ist, keinen
Anlass zu künstlerischer Werthschätzung ; sogar die von der monumentalen mittel-
altrigen Nordfront begrenzten Wohnräume sind kunstlos und kunstleer. In einem
als Geräthekammer benützten Gelasse des Westflügels sieht man Ueberreste von
Wandmalereien, die aus dem 17. Jahrhundert stammen mögen; dieselben bestehen
aus Laubgewinden und Innungsmarken auf heraldischen Schilden und sind artistisch
unbedeutende, handwerkliche Gebilde.