Wohnbauten
am Marktplatz
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Als Man Zalt Taufjendt Sechfhundert Jahr
Und Fünf Darzu Die Jar Hall wahr.
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Den Bauw Don Grund Hat Herauß Gerift.
SOTT Geb Ihm Glüd Und Weitter Sein Gnadt
Und Bewar Jhn Auch Für Feuer Hoth.
Mit Wohn Und Freidt In Difem Leben
ad) Dem Zergenflihen Das Ewig Leben.
Seit 1605 hat das Gebäude mancherlei Veränderungen erfahren. Ausser der
Gründungstafel deuten nur noch die Formen eines ausladenden holzgeschnitzten
Simszuges und einige Fenstergewände mit Verlässigkeit auf den Beginn des 17. Jahr-
hunderts zurück. Besser erhalten ist der südwestlich vorspringende Flügelbau. Sein
gegliederter Eingang zeigt abgerundete Ecken am Sturz. Ein geschweifter Wappen-
schild enthält als Hausmarke der Patrizierfamilie Maringer einen nach rechts schrei-
tenden Löwen und drei aufrecht stehende Lilien, umgeben von Linearverzierungen
im Metallstil.
An der Freitreppe des in der Rathhausstrasse, seitwärts vom blauen Thurm
gelegenen Hauses Nr. 122 ist als Deckstein eine Grabplatte angebracht, deren Bild-
fläche bis zur Unkenntlichkeit zerstört ist. Nur die mit kräftigem Meisselschlag ausge-
führte gothische Minuskel-Randschrift hat sich lesbar erhalten und gibt folgende Kunde:
N N
+ anna - vni - m - cecc - Iriii - mengig octobr - Vie terc- 0 -dns-
N
theodrir’ - d- niegge - licetiat - in derretig olim decanz - Yuis - eccie 8 -
aia requiegrat + -
Hiernach bedeckte der Denkstein die Ruhestätte des Dechanten Theodorich
von Giessen, der im Jahre 1463 starb und ohne Zweifel identisch ist mit dem 1462
urkundlich auftretenden Stiftsdekan gleichen Namens. Die Grabplatte stammt somit
aus dem Ritterstift St. Peter im Thal.
Ueber die dem Marktplatz zugekehrte Südfront des Wormser Hofes und
die im modernen Rathhaus vorhandenen Kunstalterthümer ist bereits S. 170, 171
u. ff. in besonderen Abschnitten das Erforderliche gesagt worden. Unter den
übrigen den Marktplatz umgebenden Wohnbauten sei zunächst das Haus Nr. 114
erwähnt. Sein Spitzbogeneingang mit gekreuzten Stäben an den Gewänden deutet
auf das Ausleben des gothischen Stiles. Die Obergeschosse sind neuere Umbauten.
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Ein Durchgang mit Renaissancepfeilern, woran ‘die Jahreszahl 1532, führt zu einer
Gruppe alterthümlicher Holzbauten mit unheimlich anmuthendem Abstieg, daher die
Hölle genannt.
Im Wohnhaus Nr. 118, ehemals Gasthof zum weissen Ross, soll Tilly in den
Tagen vor und nach der Wimpfener Schlacht sein Hauptquartier aufgeschlagen
haben. Die Fronte des Gebäudes wurde im Jahre 1779 umgebaut. An einem Thür-
sturz der Rückseite ist die Jahrzahl 1556 und ein bürgerliches Allianzwappen aus-