Renaissance-
Erker
Steinrelief
182 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
gemauert, bestehend aus einem auf vier Kugeln ruhenden Akanthusbasament, in
dessen Laubwerk wiederum kugelförmige Körper sichtbar sind. Ueber dem Basa-
ment erscheint das baarhäuptige steinerne Hochreliefbild eines bärtigen Mannes in
spanischem Kostüm mit gepufften Schlitzärmeln, ein Brot in der Rechten und einen
Becher in der Linken haltend. (Fig. 9). Die Skulp-
tur verdankt ihr Dasein einem ungeübten Meissel
des 16. Jahrhunderts und steht mit Allem, was
zu künstlerischen Ansprüchen berechtigt, auf ge
spanntem Fusse. Der Gegenstand der Darstellung
in seinem Zusammenhang mit Speise und Trank
macht es wahrscheinlich, dass die Figur an oder
in der Schenkhalle des Hauptgebäudes angebracht
war; in Folge späterer Bauveränderungen dürfte sie
an ihren jetzigen Standort gelangt sein. Im Volks-
bewusstsein spielt das skurrile Männlein eine Rolle
unter den Merkwürdigkeiten der alten Reichsstadt
und hat darum einiges Anrecht auf Erwähnung.
Aus dem Beginn der besten Zeit deutscher Re-
naissance stammt der Erker des Hauses Nr. 63 in
der Salzgasse. (Fig. 100.) Das Material ist Buntsand-
stein. Seine breitgelagerten Konsolen sind mit Akan-
thuslaub ornamentirt. In den Feldern der Pila-
5 Er
gel-Harmek:
strirung sind Rosen und andere Blumen und Blü-
tele Vi i Bo
then als Füllmotive verwendet. Zwei Hausmarken in
Fig. . Wimpfen a. B. ö ae ; 2 ;
ee Pf 5 heraldischen Schilden zeigen ein Herz und eine
Groteskfigur ım Badgässchen. i 3 : : ä ;
Bretzel. Der eine Giebel trägt die Namen des Ehe-
paares Ruff; im anderen Giebel erscheint der Name des Baumeisters mit Jahreszahl
und Steinmetzzeichen in folgender Schreibung :
95-63 gannkherolt X
Dabei steht der Sinnspruch: WER GOTT VERTRAUT HAT WOHL-
GEBAUT.
Der vom Steinfrass geschädigte und mit entstellendem Verputz bedeckte Erker
hat in der Gegenwart eine befriedigende Erneuerung erfahren. Gliederung wie
Ornamentation sind infolgedessen wieder deutlicher zu Tage getreten und zeigen
manche Uebereinstimmung mit dem Haus zum Grünen Baum, dessen Erbauer wohl
ebenfalls Meister Herolt gewesen ist.
Ein Steinrelief an der Fronte eines Hauses in der Pfarrhausgasse entstammt
seinem Darstellungsgegenstande nach entweder einem Sakralgebäude oder einem
ansehnlichen Grabmal. In einer Wolkenglorie erscheint das Brustbild Gottvaters in
der Auffassung als erste Person der Trinität. Das würdevolle, mit der Kaiserkrone
geschmückte Haupt umgibt reiches Locken- und Barthaar; die Schultern bedeckt ein
wo
—