Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

198 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
erfreute sich die Niederlassuug besonderer Förderung durch die Wohlthätigkeit der 
Wormser Bischöfe Arnold, Adalbert und Buggo. — Nach längerer Zeit der Blüthe 
gerieth das Stift durch Verwahrlosung in Verfall. Der Niedergang hatte gegen die 
Mitte des 13. Jahrhunderts dahin geführt, dass die Genossenschaft verarmte und für 
ihren Lebensunterhalt auf milde Gaben angewiesen war. 
In Richard von Ditensheim, dem damaligen Dechanten, erstand dem 
Stifte ein abermaliger Erneuerer, ecclesiae Wimpinensis renovator et auclator, 
wie J. F. Schannat ihn nennt. Die Bemühungen des verdienten Dechanten er- 
streckten sich nicht nur auf die Ordnung der zerrüttelten Vermögensverhältnisse und 
die Wiederherstellung der gelockerten Disciplin, sondern auch auf den glanzvollen 
Umbau der Stiftskirche, wovon weiter unten ausführlich die Rede sein wird. — Der 
gleichzeitige Propst, Werner von Hornecke, erwies sich ebenfalls als Förderer der 
zu neuem Leben erstandenen Genossenschaft, indem er zu den zwölf ursprünglichen 
Chorherrnstellen sechs weitere Präbenden stiftete. Ausser diesen achtzehn Kanonikaten 
bestanden sechs sogenannte Sex- oder Semipraebendarien, von denen je zwei eine 
Kanonikatspräbende bildeten. Die Anzahl der Vikarien betrug zwanzig. In der 
Folge erschienen in der Stiftsordnung auch junge Edelleute als Domicellare mit der 
Anwartschaft auf Chorherrnstellen. — Propst und Kanoniker mussten dem Adelstand 
angehören, daher der Name Ritterstift:. Der Dechant konnte ausnahmsweise 
bürgerlicher Abkunft sein. Auch zu den Vikarstellen konnten Bürgerliche gelangen, 
jedoch war ihre Aufnahme an legitime Geburt geknüpft. Nur Chorherrn hatten 
Anspruch auf die Würden als Dechant, Kustos, Kantor, Scholaster und Grosskeller, 
d. i. Güter- und Vermögensverwalter. — Im Zusammenhang hiermit sei hinsichtlich 
der Würdenträger folgender Bestimmungen aus dem im Grossherzoglichen Haus- und 
Staatsarchiv zu Darmstadt befindlichen Kopialbuch des Ritterstiftes gedacht: ARequi- 
sita ad primam possessionem: 1) testimonium baptismi, 2) primae tonsurae, 
3) doctoratus philosophici vel Ahnenprobe. Requisita zum Kapitular - Eintritt: 
testimonium subdiaconatus et bienmitl nisi Dr.*) 
Anfänglich stand das Ritterstift unter dem unmittelbaren Protektorat des Reichs- 
oberhauptes. Mehrere Kaiser und Könige begnadeten die Gründung mit Privilegien. 
Rudolf I von Habsburg, Adolf von Nassau und Albrecht I nahmen sich des Stiftes 
wiederholt in Schutzbriefen an. Beispielsweise sei erwähnt, dass König Rudolf 
i. J. 1281 das Stift in seinen und des Reiches Schirm nahm und demselben die von 
seinen Vorgängern verliehenen Rechte bestätigte. Im darauffolgenden Jahre befahl 
Rudolf bei Vermeidung seiner Ungnade, dass Niemand die Chorherrn und das Stift 
in der Ausübung ihrer Privilegien störe oder schädige. Während der ersten Jahr- 
zehnte des 14. Säculums richteten Albrecht I, Heinrich VII, Ludwig der Baier und 
der Gegenkönig Friedrich der Schöne ähnliche strenge Weisungen unmittelbar an 
den Wimpfener Rath mit dem Beifügen, die Chorherren seien im freien Genuss der 
von ihnen und den Vicaren bewohnten Häuser in gleicher Weise zu belassen, wie 
sie sich dieses Genusses zur Zeit Rudolf I zu erfreuen hatten. Diese Urkunden sind 
für die Geschichte des Ritterstiftes schon um desswillen beachtenswerth , weil sie die 
*) Notiz von Hrn. Pfr. Klein. 
      
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
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