200 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Stadt im Jahre 1598 die Rechte des Stiftes auf das Gotteshaus allseitig anerkannte.
— Von der vielumstrittenen St. Georgskirche steht kein Stein mehr auf dem anderen;
sie erhob sich auf dem Friedhof in einiger Entfernung südlich von der Stiftskirche
und wurde infolge der 1784 durch eine Neckarüberfluthung verursachten schweren
Beschädigungen nicht wiederhergestellt, sondern sammt dem Beinhaus 1785
niedergelegt.
Minder glimpflich als die Zwistigkeiten mit der Stadt verliefen im Jahre 1525
für das Stift die Gräuel des Bauernkrieges durch den Ueberfall des Bandenführers
Jeckleyn von Beckingen (jetzt Böckingen) bei Heilbronn, wobei die Chorherren um
zwölfhundert Gulden gebrandschatzt wurden, eine nach damaligem Geldwerth be-
trächtliche Summe. Von einer am Aussenbau des Kreuzganges der Stiftskirche
befindlichen, diesen Raubzug verewigenden Inschrift, wird weiter unter bei der be-
schreibenden Darstellung des Gotteshauses die Rede sein.
Ungleich grössere Drangsale hatte das Ritterstift im dreissigjährigen Krieg zu
zu bestehen. Schon bei den ersten Truppendurchmärschen wurde die Stiftsgeistlich-
keit hart mitgenommen. Ueber den Durchzug des Grafen Ernst von Mansfeld aus
Böhmen nach der Pfalz und dessen Verweilen zu Wimpfen im Jahre 1621 klagten
die Chorherren in einer an das Reichsoberhaupt gerichteten Bittschrift: »daß der
Mansfelder das Stift, alle feine Käufer, au die Kirche rein ausgeplündert, Wein
und Frucht genommen, die noch vorhandenen GBeijtlichen, die Alters und Schwad)-
heit halber nicht hätten fliehen fönmen, gefänglich fortgeführt habe, deren etliche in
fhwerem Befängniß fterben, verfchmachten und verderben müfjen.« *)
In den der Schlacht bei Wimpfen am 6. Mai 1622 vorher gegangenen und darauf
gefolgten Schreckenstagen theilte Wimpfen im Thal mit der Reichsstadt am Berg
die Schicksale, welche von derartigen verhängnissvollen Ereignissen untrennbar sind.
— Den empfindlichsten Schlag erlitten aber die Chorherren, als König Gustav Adolf
von Schweden auf seinem Heereszug nach Süddeutschland das Ritterstift seiner Be-
sitzungen für verlustig erklärte und dessen Güter laut Urkunde Frankfurt a. M.
2. Februar 1632 — der Reichsstadt schenkungsweise überliess. Die Stadt säumte
nicht, die Schenkung anzutreten. Im Ritterstift »erschienen die Rathsherrn, verv-
jagten das ganze Kapitel nebst den Beamten, setzten einen lutherischen Prediger
ein und logirten ihn in die damals von Kustos Bitterus ab Höwel benützte De-
chantenwohnung. So blieb es bis zur Nördlinger Schlacht 1634, nach welcher
der Prediger seinerseits verjagt und das Stift am 2. Oktober der katholischen
Religion zurückgegeben wurde. Doch waren dessen meiste Häuser ruwinirt und
aller Proviant geraubt worden, ohne dass Ersatz dafür geleistet wurde. Die
durch den dreissigjährigen Krieg in andere Hände gekommenen Güter und Ge-
fälle des Stiftes verblieben demselben auch nach dem westphälischen Frieden; seil-
dem wurden die Sexpräbendarien aufgehoben und die Anzahl der Chorherren auf
neun veduzirt.«**)
*, S, L. Frohnhäuser S. 288.
*»*) S, A v. Lorent S. 116, Mittheilung nach dem Kopialbuch des Riitterstifts St. Peter im
Grossherzoglichen Haus- und Staatsarchiv zu Darmstadt.
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