Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

       
    
   
  
  
  
   
   
   
   
    
    
  
   
    
   
   
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
   
    
    
   
   
  
  
   
   
   
   
  
    
  
    
222 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
grossen Spitzbogen. Die Fenstergewände haben breite Kehlungen, aus denen am 
Giebelansatz Rebenblätter in dichter Reihe bis zum Scheitel ansteigen. Die drei Ab- 
theilungen sind von kleineren Spitzbögen überspannt und unter sich durch säulen- 
förmige schlanke Rundstabpfosten getrennt, die mit zierlichen Laubkapitälen ge- 
schmückt sind, während die drei Mittelpfosten kapitällos am Maasswerk endigen. 
Uebereinstimmend mit den Fenstern des Hauptchores und der Nebenapsiden herrscht 
im Maasswerk das Rosettenornament vor, welches dann weiter aufwärts im grossen 
Giebelschluss zu edelschöner Entfaltung gelangt. Ein wesentlicher Antheil an diesem 
Erfolg gebührt der in den fünfziger Jahren vollführten Wiederherstellung der schwer 
beschädigten Fensterarchitektur. Die Verwerthung der Motive des vortrefllichen 
Blendmaasswerkes an der Mensa des Hochaltars war bei dieser Erneuerung ein 
glücklicher Griff und macht ihrem Urheber stilistisch wie technisch alle Ehre. 
An den Seiten des Prachtfensters sind die assadenflächen von je zwei ge- 
Fassadenarkatur schossweise sich aufbauenden Arkaturen belebt. Die beiden unteren zweitheiligen 
Bogengruppen fussen auf einem blätterreichen Sims und bestehen aus gekuppelten 
| Maasswerkblenden mit Laubzier. In der Grundform folgen sie den kleineren Fenster- 
il spitzbögen. — Die obere Arkatur setzt auf dem von den Strebepfeilern her durch- 
laufenden Gurtgesims an und öffnet sich mit je drei gesäulten Flachnischen. Die 
schlanken Säulenstämme entwachsen gedoppelten Polsterbasamenten auf ornamentirten 
Podien und tragen laubbekränzte kelchförmige Knäufe, über denen Baldachine mit 
Blattmaasswerk und bossenbesetzten Giebeln so dicht dem Mauerwerk sich einfügen, 
dass sogar für die krönenden Kreuzblumen besondere kleine Nischen vorgesehen 
sind. Oberhalb der Arkaturen sieht man zwei an ihren Zirkelschlägen mit lebhafter 
Blätterzier ausgestattete Dreipassnischen, die als Umrahmungen symbolischer Thier- 
firuren dienen, von denen aber nur ein Stierhaupt Evangelistenzeichen von St. 
Lukas, auch Symbol der Habsucht — im östlichen Dreipass zur Ausführung kam. 
Den Abschluss der Fassadendekoration nach oben bildet eine mit zahlreichen Bossen 
besetzte Giebelgruppe in Form von Wimpergen, bestehend aus einem grossen Giebel 
über der Prunklichtöffnung und zwei kleineren Giebeln über den Dreipassnischen. 
An den Vereinigungspunkten der drei Giebel vertreten Skulpturen von kauernden 
Menschen und Thieren die Stelle von Konsolen, über denen Fialen mit fensterartigen 
Bogenblenden an ihren Leibern und zweifachem Knospenschmuck auf den Spitzen 
ihrer Riesen aufsteigen. Die Skulpturen sind in den Giebelwinkeln in der Weise zu 
Dreien gruppirt, dass oberhalb je einer männlichen Figur mit grobsinnlichem Gesichts- 
ausdruck und aufgestülptem Spitzhut gierige Löwen, Bären, Hunde und anderes Ge- 
thier paarweise lagern als Pendants der in den menschlichen Gestalten symbolisirten 
Aehnliche abschreckende Darstellungen stützen die Eck- 
an den Arkaturgiebeln fehlen diese der 
_aster Frass und Völlerei. 
fialen neben den Strebepfeilerpaaren; sogar 
Thierfabel entnommenen Sinnbilder nicht. Der Hauptgiebel über der 
Ob diese unharmonische Lösung von 
grossen 
Lichtöffnung läuft am Kranzgesims todt aus. 
vornherein beabsichtigt war, ist zweifelhaft; eher dürfte die Erscheinung mit der 
; 2 \ 3 2 : RR ; 
| Nichtvollendung der Strebepfeiler zusammenhängen, so dass die Ergänzung des feh- 
lenden Giebelschlusses mitsammt der Pfeilerbekrönung zu den baukünstlerischen 
Zukunftsaufgaben gehört.
	        
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