14 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
glücklich verlaufenen Kämpfen bewährte die Reichsstadt ihre Anhänglichkeit an den
Pfalzgrafen Friedrich durch Aufnahme seiner zwölftausend Mann zählenden Streitmacht
innerhalb ihrer Mauern und durch die siegreiche Mithilfe ihrer eigenen Mannen bei
der Vertheidigung von Weinsberg gegen württembergische Truppen. — Erst 1488
gelang die Gründung eines grossen Gesammtbundes der schwäbischen Städte, eine
Vereinigung, die durch den Anschluss zahlreicher Grafen, Prälaten und Herren
wesentlich an Stärke gewann. Auch Wimpfen trat dem Bunde bei und zwar unbeschadet
des mit Heilbronn eingegangenen Sonderbündnisses und der Beziehungen zu Kurpfalz,
ein Umstand, der es den beiden Städten möglich machte, in den unter der Regierung
des Kaisers Maximilian I ausgebrochenen baierischen Erbfolgestreitigkeiten, wobei
der schwäbische Bund und Kurpfalz heftig aneinander geriethen, eine neutrale Haltung
einzunehmen.
Die Blüthe und der Wohlstand Wimpfens wurde durch die geschilderten Er-
eignisse augenscheinlich nicht erschüttert. Es standen vielmehr der Reichsstadt so
bedeutende finanzielle Hilfsquellen zu Gebot, dass sie gegen das Ende des 15. Jahr-
hunderts zu dem grossartigen Umbau des für die zunehmende Bevölkerung unzureichend
gewordenen Langhauses der Stadtkirche Unserer Lieben Frau schreiten konnte. So
entstand durch die freudige, aufopferungsvolle Mitwirkung aller — die Zunftmarken
an den Gewölbeschlusssteinen sind dess Zeuge — ein unter dem vollen Einfluss der
zeitgenössischen Kunstbewegung errichtetes Gotteshaus, das noch zur Stunde die
Bewunderung aller derjenigen erregt, die auch der formensprudelnden Spätgothik ein
Recht auf Existenz willig zugestehen. Die in Stein geschriebene Geschichte der
alten Reichsstadt erhielt durch dieses Baudenkmal ihren hochmonumentalen Abschluss.
Das Lichtbild, welches die Geschichte von Wimpfen während des Mittelalters
dargeboten, wurde mit dem Beginn der neueren Zeit durch dunkle Stellen schwer
geschädigt. Das 16. und 17. Jahrhundert brachte die bisherige Blüthe der Reichsstadt
zum Welken und schliesslich zum Absterben. Vielleicht an keinem anderen Orte
Süddeutschlands wurden die Gemüther durch die Kirchenspaltung tiefer erregt, als
diess zu Wimpfen geschah. Das Band der Einigkeit, die das Gemeinwesen gross und
stark gemacht, erlahmte von der Zeit an, wo der Friede dadurch gefährdet war, dass
der eine Theil der Bevölkerung dem neuen Bekenntniss huldigte, während der andere
Theil an der alten Kirche festhielt. Die Gereiztheit der Parteien stieg von Jahr zu
Jahr und die Geister trafen so erbittert aufeinander, dass die traurigen Zustände sich
zu verewigen schienen. Es genüge die Andeutung, dass allein der Streit um den
Besitz der Stadtkirche ein volles Jahrhundert dauerte. — Es kann nicht unsere Auf
gabe sein, diese Misshelligkeiten näher zu schildern. Bei der Eigenart des Stofies
würden wir schon durch einen leisen Versuch Gefahr laufen, uns allzusehr in die
Breite zu verlieren und die bei unserer ortsgeschichtlichen Skizze vorschriftsmässig
einzuhaltenden Grenzen zu überschreiten. Bei der geschichtlichen Betrachtung der
Kunstdenkmäler wird ohnehin die Erwähnung mancher Einzelheit nicht zu vermeiden
sein. Im Uebrigen sei auf die im Literaturbericht aufgeführten Spezialschriften ver-
wiesen, indem wir gleichzeitig die Erwartung aussprechen, dass es einem berufenen
Historiker gelingen möge, eine rein objektive Schilderung jener Hergänge, frei von
Befangenheit und anekdotenhafter Würze zu entwerfen.
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