Glasgemälde
36 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
beiden östlichen Bündelpfeiler der Vierung durch Verbindung gerader Linien ein
gleichseitiges Dreieck bilden, das durch Verlängerung seiner Schenkel bis zu den im
rechten Winkel zwischen Transsept und Langhaus stehenden beiden Bündelpfeilern
zu einem grösseren gleichseitigen Dreieck sich ausgestaltet. Kein Zweifel, dass die
Erscheinung als ein hervorragendes Beispiel bewusster Anwendung der Triangulatur
in der Sakralbaukunst des deutschen Mittelalters sich darstellt.
Am Gurtbogen, der die beiden Chorpfeiler verbindet, steht in lateinischen
Majuskeln das Chronogramm:
IMPENSA CHRISTOPHORI NEBEL CVSTODIS RENOVATA,
woraus durch Addition der hier grösser dargestellten, im Original in Roth gesetzten
Lettern die Zahl 1764 sich ergibt, als Jahreszahl der Erneuerung des Inneren
der Stiftskirche durch die
Freigebigkeit des Main-
zer Weihbischofes Chris-
toph Nebel, welcher Kus-
dem Schicksal dürftigster
Weissbinderei verfallen,
die ohne Rücksicht auf
ältere, stiltüchtige Bema-
tos des Ritterstiftes war lung Alles und Jedes in
und dessen Kenotaph wir ein Leichentuch gleich-
noch begegnen werden. mässig farbloser Kalk-
Ist unter jener Renovi- tünche hüllte und anstatt
rung allem Anschein nach eine kunstvolle Erneue-
das noch jetzt vorhandene Fig. 136. Wimpfen im Thal. rung herbeizuführen eine
Aussehen des Innenbaues Ritterstiftskirche St. Peter. kunstlose Schlimmbes-
ie ssstein- Relief im C ’. soge .. r
zu verstehen, so war das Schlussstein- Relief im Chor; sogen. serung ärgsten Unge-
Weiberpein.
Gotteshaus zu jener Zeit schmackes verübt hat.
An die Fensterarchitektur des Chorhauptes, die bei Erörterung des Aussen-
baues (s. o. S. 215) bereits besprochen wurde, sei an dieser Stelle nochmals kurz
erinnert, weil an jenen hohen schlanken fünf Lichtöffnungen eine reiche Folge leuch-
tender Glasgemälde zu besonders wirkungsvollem Ausdruck gelangt war. An
Ort und Stelle ist nur noch ein kleines Fragment im Giebelschluss des mittleren
Chorfensters übrig. Man erkennt Christus in der Herrlichkeit thronend und zu den
Seiten zwei schwebende Engel mit Kelch und Kerze in den Händen. Die Färbung
sprüht in Gelb, Roth und Blau. Grössere Bestandtheile des Gemäldecyklus kamen
bald nach der Aufhebung des Ritterstiftes an andere Orte. Im Wormser Dom ziert
ein aus Thalwimpfen stammendes Rundbild inmitten anderer Buntscheiben das Mittel-
fenster des Westchores.
Zwei sehr ansehnliche Gruppen — je 2,20 m hoch, 56 cm breit gelangten in
das Grossherzogliche Museum zu Darmstadt. Jede der beiden Gruppen besteht aus
einer Folge von neun Rundbildern, sogen. Medaillons, welche in drei übereinander
geordnete Reihen zerfallen. Die eine Gruppe hat Vorgänge aus dem alten Bund zum
Gegenstand, die andere Gruppe vertritt den neuen Bund durch Scenen aus dem
Leben Jesu. Einen inneren Zusammenhang der beiden Gruppen erkennt man in den
zwischen manchen alttestamentlichen und neutestamentlichen Schilderungen obwal-
tenden Beziehungen, wie solche in konkordanzmässiger Gegenüberstellung vornehm-