Plastisches und
Kunstgewerb-
liches
Taufstein
mit Statuette
262 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
der betreffenden Gewölbetheile zu beziehen, oder sind sie als eine Beurkundung der erst
um die Mitte des 15. Jahrhunderts zur Vollendung gediehenen Einwölbung des west-
lichen Komplexes der drei Schiffe zu betrachten ? Die Thatsache der Nichtvollendung
der Strebepfeilerarkatur, die mit Ausnahme eines einzigen älteren Strebebogens
(s. o. S. 231) erst in neuester Zeit fertig gestellt wurde, schliesst die letztere Annahme
keineswegs aus. Wie dem aber auch sei, ob Erneuerung, ob Vollendung: die um die
Mitte des 15. Jahrhunderts entstandenen Jochwölbungen haben die in den Entwürfen
aus der Mitte des 13. Jahrhunderts niedergelegten Baunormen weder verändert noch
verkünstelt. Nirgends auch nur der Schein eines Scheines von Spätgothik. Alles
bewegt sich vielmehr in reinen Linien edler Frühgothik und Aelteres wie Jüngeres
fliesst in bewundernswerther Uebereinstimmung so harmonisch zusammen, dass das
Innere des Gotteshauses wie aus einem Guss geschaffen vor den Augen der Nach-
welt dasteht.
Auf verschiedenen Werkstücken des Innenbaues der Stiftskirche sind folgende
Steinmetzzeichen eingemeisselt:
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Der im Langhaus befindliche Taufstein (Fig. 161) stammt, aus der im Jahre
1785 wegen Schädigung durch die Neckarüberfluthung niedergelegten Pfarrkirche
St. Georg (s. o. S. 200) und wurde an den jetzigen Standort übertragen, nachdem die
Stiftsherren — anstatt der Baupflicht entsprechend einen Neubau aufzuführen es
vorgezogen, der katholischen Gemeinde Thalwimpfen die Ritterstiftskirche zur Mit
benutzung einzuräumen. Das Material des Taufbrunnens ist Heilbronner Sandstein.
Die allseitig durchgeführte oktogone, kelchartige Beckengestalt lässt über den
gothischen Ursprung des Werkes keinen Zweifel; die Schlichtheit der Ausstattung,
hinzugenommen die an mehreren Stellen zu Tage tretende spätere Uebermeisselung,
verwehren jedoch den Nachweis eines sicheren Stilstadiums. Auf dem kunstlosen
Horizontaldeckel erhebt sich eine holzgeschnitzte Statuette des auferstandenen
Heilandes. Die Figur ist schwebend aufgefasst, mit den Füssen ein stilisirtes Wolken-
basament berührend. Vom edlen Haupt mit dem Ausdruck der Milde und des
Erbarmens fliesst reiches Lockenhaar auf die Schultern herab. Die Rechte ist
segnend erhoben; die Linke trägt die Siegesfahne, an deren Stab das krönende
Kreuz und der alte Wimpel fehlen. Der Mantel wird auf der Brust durch eine
breite Spange zusammengehalten, lässt die Seitenwunde frei und umhüllt m wohl-
geordnetem Gefälte die gut bewegte Gestalt. Die Statuette gehört der spät-
gothischen Zeit an und ist aus berufener Künstlerhand hervorgegangen. Ein ab-
soluter Zusammenhang mit dem Taufstein ist nicht wohl anzunehmen; die Figur
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