Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

    
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
     
  
Kenotaphium 
Kanzel 
Orgelbrüstung 
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
In die Hochwand des nördlichen Nebenschiffes ist ein Kenotaphium ein- 
gelassen zum Andenken an den 1769 verstorbenen Weihbischof (Bischof von 
Kapharnaum in partibus infidelum), Kustos des Ritterstiftes und Erneuerer des 
Kirchen-Inneren Christophorus Nebel (s. o. S. 236). Das 4,50 m hohe Monument 
besteht im Kern aus schwarzem, hell geäderten Marmor; die figürliche und ornamen- 
tale Ausstattung hingegen ist in glänzend weissem Marmor ausgeführt. Die lebens- 
grosse Reliefporträtbüste des Bischofes in Medaillonform nimmt die Mitte des Denk- 
males ein. Im würdevollen Antlitz webt Ernst und Güte zugleich. Bei tadelloser 
Meisselführung verrathen Auffassung und Behandlung einen Künstler, welcher dem 
ausschweifenden Rococo, das in der St. Johann von Nepomuk-Statue überwiegt, durch 
weises Maasshalten aus dem Wege zu gehen verstand. Die Genien zur Seite des 
Reliefbildnisses streifen durch überquellende Bewegungen schon mehr an den 
manieristischen Zug der Zeit. Oberhalb des Medaillons deuten Pedum und Mitra 
auf die episkopale Eigenschaft des Verewigten. Den Abschluss des Kenotaphs nach 
unten bildet ein Todtenschädel mit Fledermausflügeln als Symbol der Vergänglichkeit 
des irdischen Daseins. 
Die Kanzel weist in Stil und Ausstattung auf die gegen den Schluss des 18. Jahr- 
hunderts herrschende Kunstübung hin, die ihre Aufgabe darin erblickte, dem Formen- 
gewirre des Rococo einen ruhigeren Gestaltungsausdruck durch den sogenannten 
reaktionären Scheinklassicismus gegenüber zu stellen. Die Thalwimpfener Kanzel legt 
für den zweifelhaften Erfolg dieser Bestrebungen mehr als genügendes Zeugniss ab. 
Das Material ist Holz. Auf spiralförmigem Fusse (s. o. Fig. 159 S. 260) erhebt sich 
eine polygone Brüstung mit klassicirenden Säulchen an den Ecken. Die dazwischen 
liegenden Paneele oder Füllungen enthalten künstlerisch wenig befriedigende Relief- 
figuren der vier Evangelisten mit ihren Attributen Engel, Adler, Stier, Löwe. Auf 
dem schwerfälligen Baldachin oder Schalldeckel steht die Statuette eines palmen- 
tragenden Engels, die kaum mitsprechen darf, wenn von ächter Kunst die Rede ist. 
Gleich minderwerthig sind die Reliefbrustbilder der Kirchenväter am Geländer der 
Kanzeltreppe. — Das Kirchengestühl aus dem Erneuerungsstadium des Stiftskustos 
und Weihbischofes Nebel ist fast ganz verschwunden; unter dem modernen (restühl 
befindet sich aus jener Zeit nur noch ein einziger Rococo-Kirchenstuhl mit leidlich 
stilisirten Schnitzereien an den Wandungen. — Längs der Brüstung der Orgelbühne 
(s. o. Fig. 132 S. 233) prunken sechs gemalte, reich ornamentirte Wappen mit folgenden 
auf Spruchbändern verzeichneten Geschlechtsnamen:: Kustos Johann Franz von Giulpen 
(+ 1714), Dekan Adolf Friedrich von Elz (1715), Dekan Christoph Jodocus Freiherr von 
Ketteler (+ 1735); die folgenden Namen Johann Friedrich von Fresendorf, Arnold W olf- 
gang Freiherr von Frentz und Johann Anton von Feltz finden sich nicht unter den bis 
jetzt bekannt gewordenen Stiftswürdenträgern und werden sonach auf einfache Ritter- 
stiftsgenossen, Sexpräbendare, Vikare, oder Domicellare zu beziehen sein. Die Sterbe- 
daten der drei erstgenannten Stiftskanoniker unterstützen die Annahme der Errichtung 
der Orgelbühne in den ersten Decennien des 18. Jahrhunderts, womit auch der Stil 
der heraldischen Malereien übereinstimmt. Aus der Wappenserie dürfte sich aber auch 
die weitere Wahrscheinlichkeit einer von den sechs Rittern gestifteten Orgel ergeben, 
die jedoch in den dreissiger Jahren des gegenwärtigen Säculums umgebaut wurde,
	        
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