Chor
Baugeschicht-
liches
Chor
Aeusseres
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
gibt folgende am Anfang und am Schluss mit dem Bilde eines kleinen Reichsadlers
versehene Inschrift:
A
ZBurrum + bag + erere (%. e. ex aere) +tria + manen + funera + flere +
fefta + frequentare + mortog + Vemanesque + fugare +
Hiernach war der Susannaglocke die dreifache Aufgabe zugedacht: Begräbnisse zu
verkünden, Feste zu verherrlichen, Krankheiten und böse Geister abzuwenden. Auf
dem Schlagring der Evangelistenglocke stehen die Namen der Verkünder der Heils-
botschaft in folgender Fassung:
+ mattheug marcus. luras. inannes. +
Die Majuskeln der Susannaschrift deuten in der Vereinigung von lateinischen
und gothischen Anfangsbuchstaben spätestens auf den Beginn des 13. Jahrhunderts,
die eckigen Minuskeln der Evangelistennamen hingegen auf die sogen. Mönchsschrift
des 15. Jahrhunderts. — Hochzeitglocke und Messglocke dienen ihren ursprünglichen
Zwecken nicht mehr; letztere ist überhaupt ausser Gebrauch gesetzt. Die Salve
Regina-Glocke ist nicht mehr vorhanden; sie wurde in den Zeiten grosser Noth nach
dem dreissigjährigen Kriege „weil es ja nit anders feyn Fonnt und funft weder
Rat noch Hilfe zu finden und zu erdenfen war unter Bedauern der Beiftlichkeit,
daß es hiezu gefommen“”, an einen Handelsmann zu Heilbronn im Jahre 1649
verkauft.
Der Chor ist durch edle Einfachheit der Struktur in geregelten Quader-
schichten Heilbronner Sandsteines, sowie durch maassvolle Anwendung der Einzel-
formen eine Schöpfung von grosser Schönheit. Der Bautheil trat an die Stelle des
romanischen Chores, als dieser entweder schadhaft geworden war oder räumlich den
liturgischen Anforderungen nicht mehr genügte. Möglicher Weise ist das stiltüchtige
Werk aber auch als eine Frucht der zur Zeit seiner Errichtung überhaupt in Wimpfen
herrschenden Freude an neuen Sakralbauten zu betrachten, wie die annähernd gleich-
zeitigen Kirchen der Dominikaner und des Ritterstifts St. Peter bezeugen, ein Auf-
schwung, der übrigens nicht vereinzelt dasteht, sondern die ganze damalige Christen-
heit erfüllte und die Glanzära der Gothik hervorrief. — Auf den gothischen Chor
bezieht sich ohne Zweifel das zu Gunsten des Baufonds der Stadtkirche bestimmte
Vermächtniss in dem 1278 errichteten Testament Richards von Ditensheim, Dekan
des genannten Ritterstiftes. Ob der freigebige Dechant auf den Baugedanken Einfluss
gehabt, ist in Anbetracht seiner Kunstliebe, seiner grossen Baulust insbesondere
wovon weiter unten in der Abhandlung über die Stiftskirche im Thal ausführlich die
Rede sein wird — nicht unwahrscheinlich. Auch Indulgenzen des päpstlichen Stuhles
vom Jahre 1295 und 1298, bezeugt durch den Bischof von Worms, dienten zur
Förderung des Werkes.
Der Aussenbau des fünfseitix aus dem Achtort schliessenden Chores hat
vom felsigen Fussboden bis zum Dachrand eine Höhe von 11,62 m. Die seine
Polygonecken schützenden Strebepfeiler sind durch mehrfache Verjüngung abgestuft,
mit geradlinigen Wasserschrägen versehen und endigen am kräftig gekehlten Kranz-