Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

Grabplatten 
   
312 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
Werk der Holzplastik, welches — vorausgesetzt dass man es hier mit keiner modernen 
Nachbildung zu thun hat — eine Leistung des 16. Jahrhunderts sein dürfte. (Fig. 184.) 
Der Ausdruck des edlen Christusantlitzes ist Ernst und Erhabenheit mit Zügen tiefen 
Leidens. Das Haar des dornengekrönten Hauptes verräth in den herabwallenden 
Strähnen deutliche Merkmale des älteren Stiles. Aehnliches ist zutreffend hinsichtlich 
der Draperie des Lendentuches, worin, ungeachtet der im Allgemeinen vorherrschenden 
jüngeren Gewandmotive, die Modellirung der sogen. Faltenaugen als spätgothischer 
Nachklang der Bildkunst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht zu verkennen 
ist. Die anatomische Behandlung des Körpers kann im Ganzen befriedigen. Doch 
lässt das Knochengerüste da und dort an Bestimmtheit zu wünschen übrig. Die 
Karnation tritt mitunter etwas voll auf und lässt den Stilkundigen die charakteristische 
Magerkeit des Nackten vermissen, die der deutschen Frührenaissanceplastik als Erb- 
theil der ihr vorangegangenen Kunstübung eigenthümlich geblieben. Im Uebrigen 
ist der Schöpfer dieses Krucifixus — sei er nun ein älterer Meister, sei er ein neuerer 
Nachahmer — keineswegs als ein Bildner gewöhnlichen Schlages anzusehen; sein 
Streben, einem milden Realismus zu huldigen, verdient vielmehr alles Lob. Der 
Hauptschmuck des Chores, der Hochaltar mit seinen spätgothischen holzplastischen 
Statuen der zwölf Apostel, wurde nach dem Fragebogenbericht »entfernt« und ist 
seitdem spurlos verschollen. 
Im Kirchenschiff sind an der nördlichen Hochwand einige ältere und jüngere 
Grabplatten aufgestellt. Das höhere Alter kommt einem Todtenmale zu, das von 
folgender Inschrift in gothischen Minuskeln umzogen ist: 
anno dni meccchiit uff horstag nach dat hianizii Htartı ....... 
(vermauerte Stelle) agnex Dackli ba itingertal ve sele got nad. 
Im oberen Theil der Grabplatte erscheinen unter einem mit Bossen besetzten 
und von Laubwerk bekrönten Reliefspitzbogen ein springender Bock und ein über 
Quaderwerk aufsteigender Stern als Wappen der beiden Geschlechter Bocklin und 
Sternenfels. Das letztere Wappen ist von einem Visirhelm überragt, der den auf- 
steigenden Stern in Kleinodform wiederholt, während an den Seiten stilisirtes Laub- 
werk in lebhaften Ranken sich ausbreitet. 
Auf einer zweiten Grabplatte von 1489, die mithin ebenfalls, wenn auch nur 
um ein Jahrzehnt älter als das Kirchengebäude ist, sieht man wiederum in reicher 
Ornamentation das Reliefwappen Derer von Sternenfels mit der Minuskelinschrift: 
ana - uni - mececierrhitti uff diegtage nach dem Sotag remilscere 
starh ver edel md test > e- (vermauerte- Stelle) ... If (Sternenfels) ueH sele 
got gnaedig hnd barmherzig zei, 
Die Inschrift einer dritten Grabplatte hat folgenden Wortlaut: 
Anno dani - 1550 uff Sant Wentstan starb done edel und tugend 
sam frau rlara febernn des edlen und \esten Marren han scharn- 
steten elichen gemahel vera got nnedug sen Amen - 
  
  
  
     
  
  
    
   
  
   
    
  
  
  
     
  
    
  
    
   
  
  
  
   
   
   
  
   
	        
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