Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

    
Schlusssteine 
Nebenschiffe 
48 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
theils geraden, theils gewundenen und sphärische Dreiecke bildenden Maschen, 
und treffen sich am Gewölbescheitel im Formenspiel dekorativer Schwingungen 
und Durchkreuzungen unter Hintansetzung jeglichen Merkmales des Tragens oder 
Stützens. 
Auch die Schlusssteine verdienen Beachtung. Während der Schlussstein im 
östlichen Schmaljoch einen Reliefschild mit dem aufgemalten Bild der Madonna und 
des Jesusknaben enthält, zeigt derjenige im folgenden grösseren Joch den Doppeladler 
des alten deutschen Reiches und den einköpfigen Wimpfener Adler mit Schlüssel im 
Schnabel auf gestirntem Hintergrund. Zwischen den beiden heraldischen Thieren er- 
scheint von Wolken umgeben eine Hand mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger, 
ein Symbol, das in dem gegebenen Zusammenhang als Gerechtigkeitshand und nicht 
in der sakralen Bedeutung als Symbol der ersten Person der Trinität zu fassen sein 
wird. Weiterhin tritt das Wimpfener Reichsstadtwappen nochmals in 
einem Rund auf. Die zwei nächsten Schlusssteine zeigen auf Schilden 
eine gekrönte Schlange zwischen den Schmiede- und Schlosserattri- 
buten Hammer und Zange auf dem einen, und der Koberermarke 
auf dem anderen Schilde. Im folgenden Mittelschiffjoch enthält der 
  
Schlussstein über der Orgelempore ein gevierteltes Wappen (von Ven- 
ningen ?) mit zwei gekreuzten Scepterpaaren und je einem rothen Stern in zwei schwarz- 
weissen Feldern, worauf am Gewölbe unter der Empore ein Schuh auf goldenem 
Grund die Reihe der Verzierungen an den Mittelschiff-Schlusssteinen beendigt. Die 
Bemalung der Schlusssteine ist neu nach alten Vorbildern. 
Den Arkadensäulen des Mittelschiffes entsprechen an den Hochwänden der 
Nebenschiffe schlanke Dreiviertelsäulen, die aus spiralförmigen Basamenten auf- 
steigen, in halber Fensterhöhe ohne Kapitälvermittelung als Rippenwerk sich ver- 
zweigen und an der Wölbung in Rautenfelder übergehen. Skulptirte Schlusssteine 
fehlen auch hier nicht; im südlichen Nebenschiff sieht man in der Richtung von Ost 
nach West folgende Reliefbilder: heraldischer bekrönter Löwe in den Pranken einen 
Stab tragend (Patrizierfamilie Haug ?);*) Schild mit geöffneten und geschlossenen 
Scheeren; Lastwagen mit Fuhrmann zu Pferd; Schild mit hackbeilähnlichen Abzeichen 
und der Jahrzahl 1573; halbirter Schild, worauf einerseits eine Jünglingsfigur, die einen 
Aehrenbüschel trägt, anderseits Schöpfgefässe, theils freischwebend, theils mit Stangen 
versehen, wahrscheinlich Attribute der Brauerzunft, darunter ein unleserliches Spruch- 
band. Der über der Orgelempore angebrachte Schlussstein enthält das Bild eines 
Bischofs mit Mitra, Krummstab nebst Sudarium und einer Walkerstange; vor dem 
Bischof (St. Benignus?) steht ein Schild mit zwei gekreuzten Weberschiffchen im Felde. 
Der unterhalb der Empore befindliche letzte Schlussstein des südlichen Nebenschiftes 
zeigt die Jahrzahl 1517 und St. Wendelin, als Beschützer der Heerden von Lämmern 
umgeben, eine Gruppe, die auffälliger Weise nicht ausgemeisselt, sondern auf ein 
starkes Papierblatt gemalt und dem Schlussstein aufgeklebt ist. Im nördlichen 
Nebenschiff enthalten die Schlusssteine in der Richtung von West gen Ost fol- 
gende Abzeichen: am Gewölbe unter der Orgelempore einen Kessel mit darüber 
*) S. u. Abhandlung Hohenstadt, Glasgemälde. 
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