[e
il.
l-
te
Jugenheim 151
Die Zylinderfläche ift reich graviert: zwifchen Rankenwerk vier von Rollwerk
(1553! f. unten) gerahmte Medaillons mit zwei männlichen und zwei weiblichen ge-
krönten Idealköpfen. Der Boden ift deckelartig abnehmbar, außen und innen mit
einfacher, gefchmackvoller Rankenverzierung verfehen. Die obere Fläche, ehemals
in der Mitte pfenniggroß durchlöchert, zeigt auf der Außenfeite in drei konzentrifchen
Kreifen die Ziffern von 1—12 und 13—24 fowie die Infchrift: Anno MDLIII. Mors
ultima linea rerum. Das Loch in der Mitte ift nachträglich durch kreisrunde Kupfer-
und Meffingblättchen ausgefüllt.
Klofter Heiligenberg. Lit.: Bei J. W. Wolf, Kirche und Klofter auf dem heiligen
Berge bei Jugenheim in Archiv für heffifche Gefchichte und Altertümer 1851, 135 ff., finden
fich wichtige Angaben über die frühere Bemalung des jett an der Pfarrkirche befindlichen
Michaelreliefs, über die Fundftellen einzelner Grabfteine, Infchriftplatten ufw. Zur Infchrift-
entzifferung vgl. Dr. M.Scheins, Bauwerke, Kunftdenkmäler und Infchriften aus mittel-
alterlicher Zeit in Jugenheim a. d. B., Darmftadt 1888. — Kritifche Zufammenfaffung der
älteften Literatur fowie ausführliche Darlegung des gegenwärtigen Forfchungsftandes gibt
Adolf Zeller, Die Ausgrabungen auf dem Heiligenberge bei Jugenheim, in Quartalblätter
des hiftorifchen Vereins für das Großherzogtum Heffen, N. F. 1906, IV. Bd. 1 und 2, 54 ff.
KLOSTERRUINE HEILIGENBERG. Die Gefchichte der Klofteranlage und ihrer
Bauten kann hier nicht gegeben werden. Es handelt fich hier nur darum, Herkunft
und Bedeutung der gegenwärtig noch vorhandenen geringen Refte klarzuftellen. Die
Großherzogin Wilhelmine (F 1836) veranlaßte zuerft die Erhaltung und Pflege der
Überbleibfel. Neuerdings wurden von Kofler auf Veranlaffung der Prinzeffin Ludwig
von Battenberg Ausgrabungen unternommen, deren Ergebniffe A. Zellera.a. O.
niedergelegt hat. Danach ift von dem jegigen Befunde alt und ortszugehörig an auf-
gehendem Mauerwerk nur die Weftgiebelwand mit einem Teile der nach Often zu
rechtwinklig anfegzenden Langmauern. Die Südmauer und der polygonale Chor fowie
die vom Chor ausgehenden Querfchiffmauerrefte find größtenteils als künftliche
Ruine aufgeführt. Das fpätgotifche Maßwerk der drei Chorfenfter (zweiteilig, Drei-
päffe mit darüberliegenden Fifchblafen) ift echt, ftammt aber anderswoher (vielleicht
aus Gronau im Odenwald. !) Außerdem wurden durch die legte Ausgrabung allerlei
Fundamentzüge von Kloftergebäuden und Umwehrungen, auch die Refte eines ge-
wölbten Kellers (Spuren einer Tonnenwölbung) bloßgelegt, aber wieder zugefChüttet.
Den ausführlichen Bericht fiehe Zeller a. a. O. 59ff. Die heutigen Ruinenmauern
ftehen zum Teil auf den alten Fundamenten einer Kapelle. Diefe lag mit ihrem Chor
an der Stelle des heutigen Chores; ihre Erftreckung nach Weften war aber wefentlich
geringer als die des heute umfchloffenen Raumes. Die erwähnten alten Weftmauern
bildeten nicht den Abfchluß des Kapellenraumes, fondern den eines weftlichen An-
baues. Der Grundriß der alten Kapelle ergab einen kleinen rechteckigen Raum mit
Halbrundchor im Often. Das Schiff maß im Lichten: 8 m Länge, 6,54 m Breite. Der
Eingang lag in der Mitte der Nordwand. Sehr auffällig war die Bildung des Chores.
Außen fchloß fich an den rechteckigen Schiffsbau ein Halbkreis, deffen Radius kleiner
war als die Breite des Schiffes; innen jedoch war der Chor als (kleinerer) Halbkreis
mit weftlich vorliegendem Quadrat gebildet und durch einen Triumphbogen mit vor-
[pringendem Gewände vom Schiff getrennt. Im Schutt fanden fich Trümmer von
Ziegeln, Kacheln und Gefäßen, die jegt im Schloß Heiligenberg zu einer kleinen
!) Zeller a. a. O. gibt dies als Tatfache; Quelle für die Nachricht ift aber einzig
Scheins a.a.O.1Il., der feinerfeits ein unentfchiedenes Relata refero gibt. In Gronau wurde
1827 eine neue Kirche erbaut; möglich ift es alfo wohl, daß die Heiligenberger Chorfenfter
aus Gronau ftammen.