Full text: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bensheim (A, [4])

    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
    
232 Reichenbach mit Hohenftein 
gehörte es fchon im 8. Jahrhundert zum Befig des Klofters Lorfch, war aber bereits 
vor deffen Anfall an Mainz in die Hand der Pfalzgrafen bei Rhein übergegangen. 
In kirchlicher Hinficht war Reichenbach nach Bensheim eingepfarrt, hatte aber [&hon 
früher ein eigenes Gotteshaus. Bei Würdtwein, D. M. I, 1468, wird die Kirche 1521 
als ecclesia filialis, 1523 aber als ecclesia parochialis bezeichnet. Dagegen wird 
in den Protokollen des Mainzer Domkapitels!) 
vom Jahre 1534 (Kreisarchiv Würzburg) dsch 
21.September hervorgehoben, daß der Pfarrer 
zu Bensheim die Pfarre zu Reichenbach „als 
eine Filialkirch zu beftellen und zu verfehen 
fehuldig ift“, und diefer erklärt fich auch dazu 
bereit(Protokoll vom 2. und 12. Oktober 1534). 
Pfarrer zu Reichenbach werden [chon im 
Jahre 1466 erwähnt (Reichenb. Chronik, ed. 
Diehl, S. 105), doch wurden diefe offenbar 
vom Archipresbyter in Bensheim beftellt und 
unterhalten, und die Kirche galt immer noch 
als Filiale von Bensheim. Es hat jedoch den 
| a ER Anfchein, daß fie bis in den Anfang des 
| : 16. Jahrhunderts nicht das Taufrecht befaß. 
|) Aue or Remeanae End Die Reformation wurde in Reichenbach nach 
1536 eingeführt; denn der in diefem Jahre in der Reichenbacher Chronik (S. 107) er- 
wähnte Chriftoffel Lang war offenbar noch katholifcher, fein Nachfolger, Herr Nikolaus, 
auch „der Pfaff Nicklas“ genannt, anfangs wohl auch noch katholifcher, dann aber 
evangelifcher Geiftlicher (von ihm wird berichtet, er fei zu dem Leydecker [Schiefer- 
decker] aufs Gerüft geftiegen und habe gefungen: Ein fefte Burg ift unfer Gott; auch 
II zwei Söhne von ihm werden erwähnt. Da in Gronau die Reformation 1539 eingeführt 
| | wurde, darf man dies wohl auch für Reichenbach annehmen). Als Filialen erfcheinen 
nach dem Reichenbacher Kirchenzinsbuch vom Jahre 1611: Elmshaufen, Lautern, 
Gadern, Railenbach (Raidelbach), Breitenwiefen, Knoden, Hohenftein. So ift es auch 
heute noch, nur gehören die reformierten Einwohner von Knoden und Breitenwiefen 
jegt als Filialiften nach Schlierbach. 
Im Jahre 1600 wurde der Bau eines jetzt nicht mehr vorhandenen Rathaufes be- 
gonnen und im folgenden Jahre vollendet. Bis dahin fcheinen das jährliche Hainge- 
richt und andere Verfammlungen der Dorfgemeinfchaft unter der Dorflinde abgehalten 
worden zu fein; denn vom 26. März 1600 berichtet die Chronik (S. 2), daß „die linden 
fambtihrem geftuhl weggetan und verkaufft worden“. Der feffelnden, für Ge- 
fchichte und Kulturgefchichte gleich wertvollen Chronik des Pfarrers M. Walther ent- 
nehmen wir ferner (S. 55), daß im Jahre 1611 die Totengebeine aus dem Kärner 
entfernt und begraben und der Kärner fomit abgefchafft wurde. 
Dorfanlage Seiner Anlage nach ift Reichenbach ein Haufendorf. Aber wir finden hier nicht, 
wie fonft meift bei Haufendörfern, eine Flureinteilung nach Gewannen und Hufen in 
Gemenglage, fondern unter dem Einfluß der verfchiedenen Grundherren zum Zweck 
einer gleichmäßigeren und dauernden Grundlage für die Berechnung und Erhebung 
der Zinfen und Gefälle die Einteilung in gefchloffene Hufen, eine wirkliche Hufen- 
| verfaffung. Für folche Hufendörfer mit weilerartiger Anlage dient Meiten (Siede- 
lungen und Argrarwefen II, 329 ff.) gerade Reichenbach als typifches Beifpiel. 
1) Nach Auszügen von Archivrat Profeffor D. Herrmann, Darmftadt. 
  
KR HH 
 
	        
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