278 Zwingenberg
Die Kagenelnbogenfchen Burgmänner zu Zwingenberg nannten [ich feit dem 13. Jahr-
hundert meift nach der Burg „von Zwingenberg“ (Twinginborg, Twingenberg).. Ob
die in den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts auftretende Familie der „Stumpf
von Zwingenberg“ mit diefen identifch ift, läßt fich nicht erweifen. Von fpäteren
adeligen Familien, die Burgmänner zu Zwingenberg waren, feien erwähnt die von
Hardenau, von Walbrun, die Pheyfer, die Kalbe von Reinheim, die von Helmftadt,
die Echter von Mefpelbrunn, die Herren von Frankenftein und die von Treisbach.
Die adeligen Burgmänner wohnten meift nicht auf der Burg, hatten aber zum Teil
freie Höfe innerhalb der Stadt. Die Stelle des Walbrunfchen Hofes läßt fich noch
nachweifen; er lag an der füdlichen Stadtmauer beim Aufgang zur Kirche (Kirchweg).
Die Lage des Hardenaufchen und Frankenfteinfchen Hofes dagegen ift nicht mehr
zu ermitteln.
An der Stelle der im Jahre 1721 erbauten fogenannten Kaferne gegenüber dem
ehemaligen Walbrunfchen Hof ftand früher ebenfalls ein herrfchaftlicher Hof, der
zeitweife im Befit der Herren von Rückershaufen erfcheint.
Das fogenannte „Schlößchen“ in der Untergaffe ftammt aus dem Anfange des
16. Jahrhunderts, wurde wahrfcheinlich von den Herren von Bifthofsrode erbaut, be-
fand fich im Anfang des 17. Jahrhunderts im Befit der Familie Schwarz und wechfelte
häufig feine Befiger. Von 1786-1812 wurde es von Graf Guftav Ernft von Erbach-
Schönberg bewohnt, der dort ftarb und auf dem alten Kirchhof begraben liegt.
Freifige waren auch die erft im 17. Jahrhundert erbauten Häufer des ehemaligen
Obriftleutnants und fpäteren Amtmanns Erich Vinthus und des Kellers Peter Krug,
beide am Marktplag an der Stelle des früheren Schloffes.
Die ältefte Befeftigungsanlage war ohne Zweifel die Burg auf dem höchften Punkte
des Berges nördlich der Kirche an der Stelle des Speicherkellers. Über die Zeit ihrer
Entftehung und ihres Unterganges oder Verfalls ift nichts bekannt, von ihr felbft über
der Erde nichts mehr erhalten; fChon 1490 findet fich die Flurbezeichnung „hinter
der alten Burg“.
Das Kagenelnbogenfche Schloß dagegen, eine Wafferburg, ftand in der füdweftlichen
Ecke der Stadt zwifchen dem jetigen Marktplag und dem Rentamtsgarten. Von
König Albrecht 1301 zerftört, wurde es, wie bereits erwähnt, von Graf Wilhelm von
Katenelnbogen wieder aufgebaut. Nachdem es lange Jahre den Grafen von Kageneln-
bogen und den Landgrafen von Heffen zum vorübergehenden Aufenthalt gedient hatte,
ging es im 16. Jahrhundert feinem Verfall entgegen.
Der Schloßplag mit dem weiten Burggraben und den noch erhaltenen Gebäuden
wurde 1663 von Landgraf Ludwig V. der Stadt gefchenkt und teils zum Marktplat
verwandt, teils bebaut. Das von Philipp dem Großmütigen errichtete fürftliche Haus,
die fpätere Kellerei, wurde 1693 niedergebrannt und im Anfang des 18. Jahrhunderts
wieder aufgebaut. Es diente fpäter als Amtsgebäude und Landgericht, wurde 1821
bis 1900 als Rentamt verwandt und wird feitdem vom Amtsgericht eingenommen.
An der Stelle der „alten Burg“ fteht noch das große Kellergewölbe des wohl Ende
des 15. oder zu Anfang des 16. Jahrhunderts hauptfächlich aus den Trümmern der
„alten Burg“ erbauten Herrenfpeichers, der fogenannte Speicherkeller (f. unten).
Der Grundriß der mittelalterlichen Befeftigung und Stadtanlage weift in feiner,
wenn auch etwas unregelmäßigen, fo doch ausgeprägt rechteckigen Geftalt auf das
13. Jahrhundert als Entftehungszeit hin.!) Wir fehen in ihm eine planmäßige, dem
t) Vgl. Meier, P.]J., Die Grundrißbildungen der deutfchen Städte des Mittelalters. Achter
Tag für Denkmalpflege, Mannheim 1907. Stenogr. Bericht S. 151 ff.
Abb.268. Zwingenberg. Hiftorifcher
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