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nach dem heiligen Berg, der dort im Klofter die Oberaufficht und Verwaltung führte und
| auch die Pfarrei zu Jugenheim mitverfah. Ein folcher Provifor wird noch 1535 erwähnt. Nach
II) Falk (a. a. O.S. 215 Anm. 149) fteht im Lorfcher Originalnekrolog ad 3 Non. Mart.: Obiit
| frater Nicolaus Lendener, sacerdos et provisor in monte Perpetuae et Felicitatis 1535. s
Demnach hat das Klofter bis unmittelbar zur Einführung der Reformation beftanden, die,
wie in Bickenbach (vgl. Göhrs, Aus Bickenbachs vergangenen Tagen S. 16), fo auch in
| Jugenheim 1545 erfolgte. Im Jahre 1546 wird dort fchon ein proteftantifcher Geiftlicher,
| Sigfried Fabri, erwähnt (Wolf, Archiv, a. F. VI, 144). Wenn noch 1554 ein „Provifor ofm
I) Berg zu Gugenheim“ erfcheint, fo war dies der legte, der aber in dem genannten Jahr
nicht mehr als folcher fungierte.
Ii | Lampertheim. 1. Dilthey (Archiv £. heff. Gefch. u. Altertumskunde A. F.V, XIV, 12
| und VI, 171 ff.) wollte aus diefen Namensformen in Verbindung mit einer unrichtig wieder-
Il gegebenen und falfch gedeuteten Stelle aus der Historia Brittonum cum additamentis Nennii
|| (Mommfen, Mon. Germ. h. a. a. XIII, 164) den Schluß ziehen, daß die Langobarden nach "
Il ihrem Abzug aus den Stammfigen an der unteren Elbe während der Jahre, in denen fie die
Gefchichte aus den Augen verliert, bis zu ihrem Auftreten in Italien am Rhein aufwärts ge-
zogen feien und zeitweife in unferer Gegend verweilt hätten, mit anderen Worten, daß
l | Langobardonheim—Lampertheim eine Gründung der Langobarden fei. Das ift natürlich
Hl ausgefchloffen, denn der Ortsname hat eine viel [pätere, echt fränkifche Bildung. Er hat mit
II] den Langobarden überhaupt nichts zu tun, und die Lesart der oben angeführten Quellen
beruht auf einem Mißverftändnis der Annaliften. Man müßte denn annehmen, daß Lango-
bardonheim eine Anfiedelung durch Karl d. Gr. befiegter Langobarden fei, ähnlich wie das in
der Nähe liegende Sahsenheim (Groß-, Lütel-, Hohen-Sachfen) eine Anfiedelung von
Sachfen ift. Aber eine folche Uberfiedelung von Langobarden ins Frankenreich ift gefchicht-
lich nicht beglaubigt und unwahrfcheinlich. Der Namen Lampertheim ift vielmehr eine Zu-
fammenfegung des von den Franken allgemein und mit Vorliebe gewählten Grundwortes —
heim mit dem Eigennamen Lantberht-Lampert. (Boßler, Die Ortsnamen von Starkenburg
und Rheinheffen. Germania, Zeitfchr. f. d. Altertumsk. 1884 S. 326). Als Familiennamen findet
fich Lampert noch häufig in der Gegend, z. B. in Reichenbach i. O.
2. Alsim Jahre 1705 das Amt Stein und mit ihm Lampertheim ganz an das Bistum Worms
zurückfiel, erhielt der Bifchof das Patronatrecht, das bis dahin den Pfalzgrafen zuftand. Von
1721 an wußte jedoch das Andreasftift dies Recht wieder an fich zu bringen, was in dem Bericht
von Raiber als eine widerrechtliche Anmaßung bezeichnet wird, die fich weder auf die Gewohn-
heit, noch auf Verjährung, noch auf etwas anderes gründen könne. Als nach dem Jahre 17705
wieder ein katholifcher Pfarrer in Lampertheim erfchien, befchwert fich diefer — Ph. Lauer — 3
daß er ganz auf feine eigenen Mittel angewiefen fei, während „der Calvinifche Minifter“ r
| das ganze Pfarrgut und alle Einkünfte genieße, ja fogar zwei Malter Korn von der Gemeinde,
ill um das Evangelium St. Johannis zu fingen, welches doch feiner Religion zuwider fei. Auf diefe
|| Be[chwerden hin wurde der Amtskeller zum Stein (31. Mai 1708) von der bifchöflichen Regierung
ı||| angewiefen, damit keiner der beiden Pfarrer fich zu befchweren habe, Äcker und Wiefen
in zwei gleiche Teile zu teilen und jedem das Seine fofort zuzuweifen (Darmft. Staats-
archiv V, 4, 72). Diefe Teilung wurde fogleich vorgenommen und befteht heute noch.
Lindenfels. 1. Diefer Bertolfus unter[chreibt auch 1130 die Einweihungsurkunde der
von Conrad von Bickenbach in feinem Schloffe errichteten Kapelle als Bertoldus, comes
de Lindenvelse (Schneider, Urk. 581 Nr. 46), und ift ficherlich identifch mit dem Vogt des |
Klofters Lorfch Berthold dem Jüngeren (C. L. I, 201). Über diefen, der aller Wahrfchein-
lichkeit nach aus dem Haufe der Grafen von Calw ftammte,!) führt die Lorfcher Chronik
bittere Klagen. Ihn ganz befonders zählt fie zu denen, die das Klofter in feinem Befig-
ftand und Anfehen fchädigten (C.L. I, 231 und 254) und deshalb fchon bei Lebzeiten die
Rache des Himmels erfahren mußten. In einer Fehde mit dem Bifchof Siegfried von Speyer, 2
unter der auch das KlofterLorfch fchwer zu leiden hatte, unterlag Berthold. „Bello turpiter
victus ac castris exutus tristitia periit.“
2. Nach dem kinderlofen Tode Bertholds des Jüngeren fcheint die Vogtei des Klofters
[amt den dazugehörigen Lehen, darunter auch Lindenfels, an die Verwandten Bertholds
aus dem Haufe Henneberg — Boppo, comes et advocatus (C.L. I, 237), ein Schwefierfohn
Bertholds, 1140—1155 — und von diefen auf den Pfalzgrafen Konrad von Hohenftaufen,
der mit Irmengart, einer Nichte Boppos, vermählt war, übergegangen zu fein. Es hat ferner
den Anfchein, daß die erwähnten Kloftervögte, Berthold der Ältere, fein Sohn Berthold der
Jüngere und Boppo fich nicht auf rechtmäßige Weife in den Befit ihrer Lehen gefett hatten,
| denn alle drei werden zu den vexatores des Klofters gerechnet, die ihm großen Abbruch
taten, und auch ihr Rechtsnachfolger, der Pfalzgraf Konrad felbft, wird ihnen zugerechnet.
!) Vgl. Bauer, Die Lorfcher Vögte im 11. und 12. Jahrhundert, Archiv a. 1. VIII, 261 ff.
und derfelbe: Wirtemb. Franken VIII (1869) 2. Heft S. 209ff., Die Grafen v. Kalw und
Löwenftein; Stälin, P. F. Gefch. Württembergs, Gotha 1882 S. 441 ff.