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Heffen kam. Die Pfalzgrafen dagegen befaßen die niedere oder Dorfgerichtsbarkeit mit
Zehnten und Gefällen bis auf zwei kleinere Anteile, die den Schenken von Erbach und
den Ulnern von Dieburg gehörten.!) Die Erbacher trugen ihren Anteil von der Pfalz zu
Lehen; er beftand nach den Lehensbriefen von 1398, 1438 und 1443 nur aus einer Hube.
Dagegen werden aus pfälzifcher Zeit in der Bickenbacher Chronik des Pfarrers M. M. Walther
(ed. Diehl, S. 26) 10'/, pfälzifche Huben erwähnt. Von den Pfalzgrafen trugen nach dem
Lehensbuch Ruprechts III. im Münchener Hausarchiv (1398-1400) Hertwig Creis von Wyn-
heim, Hennel Wißcreiß von Lindenfels und Arnolt Creiß von Lindenfels Gericht und Zehnten
in Reichenbach zu Lehen (Reg. d. Pfalzgr. 6370, 6384, 6385). Im Jahre 1561 fand dann ein
Taufch zwifchen Kurpfalz und Erbach ftatt, wonach erftere ihren Anteil an Reichenbach und
die Dörfer Lautern, Geidenau (Gadernheim) und Reilnbach (Raidelbach) gegen die Dörfer
Muttershaufen (Mittershaufen), Scheuerberg, Mittellechtern, Knoda, Breitenwiefen, Schanden-
bach, Oberlaudenbach und zwei Häufer zu Scharbach an das Haus Erbach abtrat (Schneider,
Urk. S. 560 ff. Nr. 39/2 und 3). Doch trugen die Grafen von Erbach auch die eingetaufchten
Orte fernerhin von Kurpfalz zu Lehen (Lehensbriefe von 1653 [Scriba, Reg. 2387] und 1720
[ib. Nr. 2443]). Den Ulnerifchen Anteil taufchte Erbach 1563 gegen das Dörfchen Igelsbach bei
Lindenfels ein, fodaß nun ganz Reichenbach zu feiner Herrfchaft gehörte (Simon, S. 1471).
2. Damit ftimmt die von M. Walther 1. c. mitgeteilte mündliche Überlieferung überein,
„das man vor Alters zu Reichenbach kein Tauff gehabt, fondern mann hab die Kinder zu
Benßheim oder Beedenkirchen taufen laffen“, wozu Walther bemerkt: „quod forte factum
ante allatum Baptisterium“. Da ferner nach der Mitteilung Walthers der alte Taufftein die
Jahreszahl 1521 oder 1522 zeigte, fo darf angenommen werden, daß damals die Kirche das
Taufrecht erhielt. Und fo erklärt es fich wohl auch, wenn bei Würdtwein |. c. die Kirche
1521 noch filialis, 1523 dagegen, nach Verleihung des Taufrechts, parochialis genannt wird.
Immerhin hatte das Domkapitel zu Mainz, bezw. der Pfarrer zu Bensheim, noch die Pflicht,
den Pfarrer zu unterhalten und auch nach der Reformation noch zu den Baukoften der Kirche
beizutragen, denn es bezog ein Drittel des großen Zehnten (Reichenb. Chronik S. 79 ff.).
3. Zu Reichenbach gehörten einft noch die ausgegangenen Dörfer Hohenftein, Graulen-
bach und Hohenrode. Hohenftein — 1339 Hohenftein, 1428 und 1473 Hoenftein —
war [chon im Anfang des 14. Jahrhunderts als pfälzifches Lehen im Befit der Herren von
Erbach. 1339 bewittumt Schenk Konrad IV. mit der landesherrlichen Einwilligung des
Pfalzgrafen Rudolf II. feine Gemahlin mit Gefällen auch in Hohenftein (Simon, Urk. Nr. 31).
Schenk Eberhard IX. belehnt 1422 mit Hohenftein Hans von Erlekein und feine Stief-
brüder (Wagner, Wüft. I, 31). Nach mehrfachem Befigwechfel — Verkauf an Anna Schenk
von Erbach, geb. von Bickenbach 1451 und an Hans Jude vom Stein 1473 — erfcheint der
Ort 1484 wieder als Lehen derer von Erlickheim, fiel aber noch vor 1561 wieder an Erbach
zurück (Simon, S. 149). Im Jahre 1828 beftand das Dorf aus zwölf Häufern mit 84 Ein-
wohnern. Während der Jahre 1834—1837 wurden von dem Grafen Ludwig von Erbach-
Schönberg die einzelnen Hofreiten famt ihrer Gemarkung für etwas mehr als 30000 Gulden
angekauft und an ihrer Stelle der herrfchaftliche Hof angelegt, der heute noch im Befit
des Fürften von Erbach-Schönberg if. Graulenbach (Grawelbach, Gruwelnbach, Grubel-
bach) und Hohenrode (Hanrode, Hunrode), das erftere einft nordöftlich, das andere füd-
lich von Reichenbach gelegen, werden zuerft in Urkunden aus den dreißiger Jahren des
14. Jahrhunderts erwähnt, find aber im Anfang des 16. Jahrhunderts bereits ausgegangen.
Im Weistum 1514 (Schneider, Urk. S. 562 Nr. 39/4; Grimm, Weistümer I, 475) erklären
die Schöffen von Reichenbach, „fie haben von jren voraltern gehört, daß Grawelbach vnd
Hanrode zwey Dorfflin geweft vnd gegn Reichenbach jns heyngericht gangen find, auch
an den vier angebotten (= ungeboten) gerichten zu Reichenbach am pfaltgrauifchen gericht
gerügt vnd furbracht gleich dem fchoffen, alfo das Reichenbach, Grawelbach vnd Hanrode
ein gemarck, darinn fein fürftlich gnad der ober Her fey.“ Trogdem die beiden Orte dem-
nach fchon frühe ausgegangen waren, werden fie doch in den pfälzifchen Lehensbriefen
von 1653 (Scriba, Reg. 2387) und 1720 (ib. 2443) immer noch ausgeführt (vgl. Wagner,
Wüft. S. 22 ff. und 31).
Schlierbacd. I. In dem Auszug aus dem Synodalregifter der Diözefe Worms vom
Jahre 1496 (Darmft. Staatsarch. V, 7 Conv. 80) ift zu Furtt von fpäterer Hand hinzugefügt:
Filia Lindenfels c. Schlirbach. Offenbar von derfelben Hand rührt die Fußnote her: Nota.
Lindenfelg und Schlierbach beide filial von fürtt. modo Rdus, frater francifcus plat religiofus
in Erpach paftor ibidem. 1630. Die Lesart Dahls (Lorfch. Urk. S. 18) Fürth cum Lindenfels
et Schlierbach ift zum mindeften ungenau. Die Note im Synodalverzeichnis bezieht fich
auf die Zeit des dreißigjährigen Krieges, in der nach der Niederlage der Pfalz überall die
katholifche Lehre eingeführt wurde, bis mit dem Eingreifen der Schweden (1631-1634)
ein vorübergehender Wandel eintrat.
!) Vgl. das Weistum der Schöffen zu Reichenbach vom Jahre 1514 (Schneider, Urk.S. 562
Nr.39/4; Grimm, Weist. I, 475).