88 Neumanns Arbeiten am Weftbau
es in erfter Linie darauf an, fich im Turme felbft für die neuen Stockwerke die nötigen
ficheren Unterlagen, d.h. ein möglichft breites und tragfähiges Mauerwerk zu fchaffen.
Hier verfuhr nun Neumann, wie oben f£hon angedeutet wurde, ähnlich wie bei den
Seitentürmen : nur fiel hier alles mit Rückficht auf die größeren Laften auch großzügiger
und maffiger aus. Unfere Abbildungen 43
und 44 veranfChaulichen das Verfahren,
wie Neumann in dem alten romanifchen
und gotifchen Teile des Turmes durch
Hintermantelung des älteren Mauer-
werks diefe Verftärkung herftellte, aus
dem Längenfthnitt auf Tafel 28 ift der
ganze innere Aufbau der neuen Teile zu
erfehen. Da aber gerade deren äußere
Geftaltung fich aus dem inneren
Aufbau am leichteften verftehen läßt,
foll hier mit deffen Befchreibung be-
gonnen werden.
Neumann führte zunächft hinter der
Wand des oberften romanifchen Ge-
[choffes feine 40—60 cm ftarke Hinter-
mantelung in die Höhe. Als Bauftoff
wählte er hier gerichtete Sandfteinqua-
der, die mit [{hweren Bindern gemifcht
find; nur für die Bogen hinter den alten
Arkaden verwendete er Backfteine. Die
Säulen und Pfeiler der Arkaden felbft
erneuerte Neumann in ganz fthlichten,
dem romanifchen Charakter des Ganzen
Abb. 43. Weftturm. Schnitt durch das oberfte Rechnung tragenden Formen.!) Auf dem
romanifche und das gotifche Gefchoß Kämpfer eines der Mittelpfoften fteht
die Jahreszahl 1773. Gerade diefe Bauteile nämlich müffen bei dem Brande von
1767 furchtbar Not gelitten haben — mehr noch als die Arkaden des unteren Ge-
[choffes durch die Flammen des brennenden Dachwerks des Querhaufes und der
Apfide — denn hier in dem Zwickel zwifchen der Wölbung der romanifchen Kuppel und
der Außenwand fchichtete fich wie in einem Ofen das durch das gotifche Turmgefchoß
herabftürzende glühende Holzwerk des gotifchen Helms und das des Glockenftuhls.
Vom Ringe der romanifchen Kuppel aus führte er nach den Achteckfeiten wagrecht
liegende, nach innen konifch zulaufende Gewölbefpittel aus Backfteinen (f. Abb. 43
und den Schnitt e—f auf Abb.44). Die Wände, die die Gewölbefpittel tragen, ruhen
auf den Rippen der romanifchen Kuppel. Das Abgleiten diefer Wände von der
Kuppelwölbung verhindert zunächft das aus einem Stück beftehende Steingewände
der kleinen Durchgänge, das unten durch die neue Schwelle, oben durch den ausge-
klingten Sturz verfpannt wird (f. Abb. 43). Außerdem fängt noch einmal in der Höhe
!) Wenigftens eines der Pfeilerchen fcheint alt zu fein. Es hat rechteckigen Grundriß;
die nach außen und innen gekehrten Schmalfeiten wahren die Rechteckform aber nur unten
und oben; innerhalb einer Fuß- und Kopfplatte find die Kanten abgefaft. Dem Mittelfteg
ift dann über einem derben Halsring eine Art Kelchkapitell gegeben, mittels deffen der Über-
gang zum rechteckigen Block wieder gewonnen wird.
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