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Baubefchreibung: Das Innere des Domes, Weftchor 135
vor und f&hloß den fo vergrößerten Chor öftlich durch einen Lettner und gegen die
Chorhausflügel durch Schranken ab: die feitlichen Zugänge zum Chor ermöglichten
es, auch den vergrößerten Altarraum (die Vierung) ganz frei vom Verkehr zu halten.!)
Alle diefe Veränderungen müffen unmittelbar nach, oder gar noch vor der Vollendung
des Baues vorgenommen worden fein. So neu und eigenartig nämlich auch alle for-
malen Einzelheiten find, die uns an den umgeftalteten oder hinzugefügten Bauteilen
begegnen: fie gehören doch der Hochgotik, der Zeit vor der Mitte des 13. Jahrhunderts
an. Diefe Arbeiten find es, die uns zuerft die volle Gotik im Mainzer Dom ein-
ziehen fehen laffen.
Es handelt fich — abgefehen von Einzelheiten, die [Chon genannt wurden — um die
Sakriftei (von der weiter unten die Rede fein wird), um die feitlichen Zugänge zum
Chor und um die Refte eines Lettners. Wie die Mündung der Verbindungsgänge je-
weils im nördlichen und füdlichen Querhausflügel ausgebildet ift, wurde oben fChon
gefagt (S. 130 und 131). Am inneren Ende, im Weftchor, ift der füdliche Durchgang
mit einem einfachen Rundbogenpförtchen ausgeftattet. Das merkwürdige Gewände-
profil, das ohne Kämpfer im Bogen herumgeführt wird, zeigt Abb. 66c. Man beachte,
daß die Quaderflächen viel glatter gehalten find als in den älteren Teilen des Weft-
chors. In der nördlichen Chorkonche findet fich an der ent[prechenden Stelle eine
[pigbogige Pforte. Das Gewändeprofil macht Abb. 66b deutlich. Die beiden Wulfte find
unten zufammengeführt. In der breiten flachen Kehle figen etwa von der halben Höhe
ab nach oben fehr kräftige große Laubfproffen, im Scheitel eine Blume (Tafel 30b).
Die Gänge hatten urfprünglich direktes Licht. Im Südgang fitt in der Außenfeite ein
Doppelfenfter. Die Form ift bemerkenswert: zwei kleine rundbogige Öffnungen find
dicht zufammengerückt und innen wie außen von einem flach gekehlten Blendbogen
umrahmt. Dem Bogenfeld iftein Rundfenfter einbefchrieben: es ift die bekannte Figur,
die den Ausgangspunkt der Maßwerkentwicklung bildet. Leider ift das hübfche Fenfter
vermauert (eine Abbildung bei Schneider Sp. 93/94).
Im nördlichen Verbindungsgang zweigt an entfprechender Stelle ein Seitengang ab.
Diefer führt heute direkt ins Freie. Ob das aber fcChon urfprünglich fo war, kann zweifel-
haft fein: die Mündung des Ausgangs jedenfalls hat eine jüngere Faffung. Dagegen
hatte diefer Seitenarm immer das Oberlicht (über der heutigen Tür ins Freie), da deffen
Wände durchaus diefelbe Quaderbehandlung aufweifen, wie die Hauptgänge felber.
Und er enthielt ferner fchon urfprünglich den Zugang zu dem kleinen Treppenturm,
der oben (S.76 f.) befchrieben wurde.
Als eine fpätere Veränderung des urfprünglichen Beftandes verraten fich diefe
Gänge fChon durch die Art der Steinbearbeitung. Die Quadern find fein, nicht rauh
geriefelt (die einzelnen vorkommenden Kalkfteine etwas rauher); ein Saum ift nicht
deutlich abgehoben wie an den romanifchen Quadern. Die vereinzelt auftretenden
Steinmegzeichen find am Weftbau fonft nicht vertreten (f. unten).
Ich faffe die Stileigentümlichkeiten diefer zulegt befprochenen Bauteile des Weft-
chors noch einmal zufammen und verfuche zugleich, die Zeit ihrer Entftehung zu be-
fiimmen. Schon Schneider und nach ihm E. Vetterlein 2) haben gebührend hervorge-
hoben, wie ftark fich die Portale der Zugänge zum Weftchor, die Architektur diefer
Zugänge felber (das Fenfter!) und einige andere kleinere Einzelheiten (Schlußfteine)
von der Art des Weftbaues unterfcheiden. Am Portal im füdlichen Querhausarm find
die Formen (weit überftehende flache Tellerbafen, Kelchkapitelle mit Knofpen oder
!) So Schneider S. 111.
?) Das Auftreten der Gotik am Dom zu Mainz. Darmftädter Differtation 1902. S.&8 ff.
Entftehungs-
zeit des
Weftbaus