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Baubefchreibung: Das Innere des Domes, die gotifchen Kapellen 137
Die erfte Bauperiode des Weftbaues wäre dann gekennzeichnet durch die HerrfChaft
des Rundbogens. Da auch die Schildbogen des Chors noch rund find, fo hätten wir
alfo diefem Bauabfchnitt den Umbau der Seitenfchiffe und den Aufbau von Querhaus
und Chor, aber ohne deren Einwölbung, zuzuteilen.
Verfuchen wir diefe Annahmen in Einklang zu bringen mit den überlieferten Nach-
richten vom Weftbau, fo würde fich zwanglos folgendes ergeben: Beginn des ganzen
Unternehmens noch unter Erzbifchof Konrad ungefähr 1190. Bis etwa 1220 wird
ausgeführt, was wir dem erften BauabfChnitt zugewiefen haben. Jegt oder fehon etwas
früher ftockt allmählich der Betrieb. Unterbrechungen und verfChiedenartige Anläufe
find wahrnehmbar. Immerhin ift diefer Zeit — rund von 1220 bis 1233 — der Aufbau
des Vierungsturmes teilweife und der Beginn der Einwölbung (Querhaus, Chor), ge-
wiß auch der Aufbau der Giebel an Querhaus und Chor zuzufchreiben. Ob noch
mehr, ift fraglich, denn es ift fehr wohl möglich, daß die älteren Kräfte auch noch
über 1233 hinaus weiter befchäftigt wurden, daß alfo der weitere Ausbau und die
Einwölbung des Vierungsturmes fowie die Einwölbung des Langhaufes wenigftens
teilweife erft dem dritten Bauabfchnitt angehören. 1233 neuer Anlauf (f. oben S. 20
zum Jahre 1233): Einwölbung des Vierungsturms, Vollendung der Einwölbung des
Langhaufes und Veränderung des Weftchors. 1239 Schlußweihe.!)
Nunmehr find noch die beiden Kapellenreihen und einige [pätere Ein- und Zu-
bauten zu betrachten. Wie wir oben (S. 20)gefehen haben, läßt fich über den Kapellen-
bau mit völliger Sicherheit folgendes fagen: im März 1279?) begann der offenbar wohl
vorbereitete Ausbau der Nordfeite des Domes. Man band den Pfeilern der Umfaffungs-
wand, deren urfprüngliche Stärke man fehr beträchtlich verringerte, nach außen gotifche
Dienftgruppen ein und fchloß an diefe nach außen gotifchen Pfeiler die neuen Kapellen
an. Dabei ftellte man jedem der fo umgeftalteten Pfeiler einen entfprechenden gegen-
über und verband ihn mit jenem durch einen Gurtbogen oben, durch eine niedrige
Spannmauer unten. Weiter wurde die äußere Pfeilerreihe durch Fenfterwände ge-
fchloffen und jeweils der Raum über den Quermauern bis hinauf zu den Gurtbogen
mit offenem Stab- und Mafßwerk ausgefüllt (vgl. Abb. 71).?) So entftand eine Reihe
weiter lichter Kapellen, und fobald diefe eingewölbt waren, konnten nunmehr die Refte
der romanifchen Umfaffungswand zwifchen den romanifch -gotifchen Innenpfeilern
vollends herausgebrochen werden. Freilich mußten fich dabei auch die Gewölbe der
Seitenfchiffe eine teilweife (die zweite!) Erneuerung gefallen laffen: die Scheitel der
Kapellengewölbe und entfprechend auch die Scheitel der neuen Scheidbogen (zwifchen
Seitenfchiff und Kapellen) wurden höher gelegt als die alten Schildbogen der Seiten-
fchiffgewölbe. Daher mußten auch die äußeren Gewölbekappen erneuert werden:
fie ftechen nun nach außen aufwärts. Wenn auch diefe föhwierige und großartige
Unternehmung verhältnismäßig rafch durchgeführt wurde (das legte Datum der Weihe
einer Kapelle an der Nordfeite ift 1291), fo iftdie Ausführung doch nichtganz einheitlich.
Allerdings Bauftoff und Bearbeitungbleiben fich gleich. Die gut bearbeiteten Quadern
aus rotem Mainfandftein find durchweg ohneerkennbaren Saumbefchlag; fie find kleiner,
1) Die Chronologie Vetterleins und insbefondere feine Interpretation des monasterium
in majori ecclesia ift ganz unglücklich. Der Ausdruck bezeichnet zweifellos die Stiftsgebäude.
2) Bourdon fah noch in der Viktorkapelle (I) eine tabella lignea mit der Injchrift: Anno
Dni MCCLXXIX. IV nonas Martij inchoata fuit fabrica capellarum hujus ecclesiae sub Rdo
Patre Dno Dno Wernhero Archiep. mog. Diefes Datum ergibt den vierten März (nicht den 24!).
Darnach ift die Angabe oben auf S.20 zum Jahre 1279 zu korrigieren.
®) Erft zu Beginn des 19. Jahrhunderts (um 1830) ift je die zweite diefer luftigen Quer-
wände entfernt worden. Schneider Sp. 98 Anm.8.
Die gotifchen
Kapellen