156 Baubefchreibung, die Einbauten: Chorbühnen
die äußeren Bogenöffnungen über den Baluftern durch ein fchmiedeeifernes Gitter
abgefChloffen; darauf laffen die an den Innenflächen der Gewände befindlichen, jett
zugekitteten Löcher mit ziemlicher Wahrfcheinlichkeit fChließen. Nach der Vierung
öffnen fich die Bühnen mit je zwei im Korbbogen abfchließenden weiten Bogen.
Aufdiefem flach eingedeckten, laubenartigen Unterbau ruhen beiderfeitig die eigent-
lichen Chorbühnen. Nach außen und innen fChließt fie eine Baluftrade ab, die durch
Pfoften in vier Felder geteilt ift. Diefe Pfoften tragen auf der Außen- und Innenfeite
den gleichen Schmuck: der mittlere das Wappen des Domkapitels, die feitlichen je
einen geflügelten Engelskopf, von deffen Halfe an einem Bande ein fehweres Frucht-
bündel herabhängt; nur beim öftlichften Pfoften der inneren Brüftung treten an die
Stelle der Früchte die Leidenswerkzeuge, wohl mit Rückficht auf die hier ehemals
unter der Bühne ftehenden beiden Altäre (f. unten).
Aus den mehrfachen gelegentlichen Erwähnungen bei Bourdon und außerdem auch
aus feiner Aufzählung der Infchriften auf den Denkmälern des hohen Chores ergibt
fich, daß fchon frühzeitig auf der nördlichen Bühne eine Orgel aufgeftellt wurde. Die
Orgel, die Bourdon dort fah, ftammte aus dem Jahre 1702. Über fie foll unten im
Abjfchnitte über die Orgeln kurz gehandelt werden.
Auf die Brüftung der nördlichen Bühne fegt fich auf der Außenfeite noch einmal
eine 1,57 m hohe Holzwand, die jegt von der Querfchiffwand beim Stiegenturm bis zur
Mitte des vorlegten Bogens des Unterbaues reicht. Den Reft der Brüftung nimmt die
Außenwand der hier quer zur Längsrichtung der Bühne aufgeftellten Orgel ein. Diefe
einfach profilierte Holzwand gliedern vier Pfoften mit einer Profilierung, die der des
darunterliegenden Säulengebälkes fehr ähnlich ift. Auf der Vorderfeite jedes Pfoftens
ift ein auseinem Akanthusblatte herauswachfender Cherub von fehr guter Arbeit ange-
bracht. Die Felder der Brüftung zeigen ein einfach profiliertes Rahmenmufter. Urfprüng-
lich ftheint die Holzwand bis zum öftlichen Vierungspfeiler weitergelaufen zu fein. Die
Unterbrechung könnte mit der Aufftellung der Cüngerfchen Orgel eingetreten fein, oder,
was mir wahrfcheinlicher fCheint, viel fpäter noch im Zufammenhang mit einem Um-
bau oder einer Umftellung diefer Orgel.!) Die Wand ift offenbar aufgefegt, um eine
beffere Schallwirkung für das Orchefter zu erzielen. Wann dies gefchehen ift, darüber
fehlen die Nachrichten. Sie gleichzeitig mit den Bühnen anzufegen, dagegen [prechen
die lebhaft bewegten, pausbäckigen Cherubim, die fchon ganz den Charakter des
Rokoko tragen, ebenfo wie das Akanthuswerk, das fie umgibt; man möchte fie eher
in die Zeit von Ofteins fegen. Auch mit der Orgel kann, wie bemerkt, die Wand kaum
entftanden fein, denn das Sockelgefimfe der Orgel zeigt eine andere Profilierung.
Im Innern des Unterbaues ftanden auf den Oftfeiten die fpäter zu nennenden beiden
älteren Altäre, die bei der Errichtung der Chorbühnen in diefe einbezogen wurden;
außer dem Grundriffe bei Gudenus verzeichnet fie auch noch der von 1803/04.
Durch den Einbau der Fenfter und die Anbringung der fihweren Holztüren hat der
Einbau viel von feiner urfprünglichen Leichtigkeit verloren. Die Formen felbft ver-
raten eine Schulung an Vorbildern der italienifchen Spätrenaiffance, nur mit der Ver-
wendung des Korbbogens im Innern, der maffigen Profilierung des Hauptgefimfes und
der derben Durchbildung der verhältnismäßig fparfam verwendeten, rein ornamentalen
Zutaten, wie der fÄhweren Fruchtgehänge auf den Brüftungsfockeln, bewegt fich der
Meifter [&hon ganz im Geifte des Barocks. Die ganze Anlage diefer Chorbühnen kann
von Anfang an nur mufikalifhen Zwecken (Aufftellung einer Orgel und des Orchefters)
‘) Schaab II S. 74 berichtet, daß unter Kurfürft Johann Friedrich Karl von Oftein die Orgel
im bifchöflichen Chor neu gefaßt und vergoldet wurde.
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