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Domausftattung: Schickfale 171
Bei dem trog der Wiedereroberung der Stadt fortdauernden Kriegs- und Belage-
rungszuftand war der größte Teil des Domes von der deutfchen Heeresverwaltung zur
Lagerung von Pferdefutter in Anfpruch genommen. Soldaten und Troßknechte trieben
ihren Frevel darin. Ohnmächtig mußte das Domkapitel der fortfchreitenden Ver-
wüftung des Baues und feiner Denkmäler zufehen.
Noch trauriger wurden die Verhältniffe, als Mainz am 29. September 1797 zum
zweitenmal unter franzöfifche Herrfchaft kam. Alle die die kirchlichen Rechtsver-
hältniffe umgeftaltenden Gefete der franzöfifchen Republik galten nun auch für den
Mainzer Dom. Auf Grund des Dekrets vom 2.—4. November 1789 war das gefamte
Kirchengut und damit für Mainz auch die Ruine des Domes als Nationaleigentum er-
klärt worden. Auch unter der franzöfifchen Regierung wurde das Innere des Domes
weiterhin als Magazin für die Bedürfniffe des Militärs benugt. Daß hierbei die Aus-
ftattungsftücke des Domes (Altäre, Denkmäler ufw.) keine befondere Schonung er-
fuhren, bedarf keines Hinweifes.!) Dazu kam noch, daß für den Schug und die Er-
haltung des Baues felbft keine eigentlich befugte Behörde vorhanden war. Der Erz-
bifchof und das Domkapitel waren geflohen; die ftädtifche Verwaltungsbehörde hatte
mit dem Baue, der Staatseigentum war, nichts zu tun; von feiten des Militärs küm-
merte man fich in erfter Linie nur um die im Baue aufgeftapelten Vorräte, und bei der
ftaatlichen Behörde entftand bekanntlich bald genug der Ruine des Domes in der Perfon
des Präfekten Jean Bon St. Andr& der fchlimmfte Feind (f. unten S. 175).
Ehe wir uns aber mit dem Schickfale der Denkmäler felbft näher befchäftigen, fei
hier im Auszuge eine Verordnung der franzöfifchen Regierung mitgeteilt, die fich
zwar zunächft nur mit der Tilgung aller Zeichen der alten (für Mainz: der kurfürft-
lichen) Herrfchaft befaßt, die aber für das Schickfal vieler Kunftdenkmäler, wie man
fich leicht denken kann, die verhängnisvollften Folgen haben mußte. Hier follen nur
die auf die Denkmäler bezüglichen Stellen Plag finden.
Die Verordnung ift in franzöfifcher und deutfcher Sprache abgefaßt und wurde durch
Maueranfchlag öffentlich bekanntgegeben. Ein Exemplar findet fich in dem Recueil des
Reglements pour les pays d’Entre Meuse et Rhin, et Rhin et Moselle; publies par le
comissaire du Gouvernement, Mayence an VI (Mainzer Stadtbibliothek).
Inftruktion
für die Munizipal-Verwaltungen zur Vollziehung der verf&hiedenen Masregeln, das
Abreiffen der Zeichen der Lehns-Herrfchaft betreffend, vorgefchrieben durch die
Verordnung des Regierungs -Kommiffärs vom verfloffenen 6ten Germinal.
Bürger!
ne... Unter diefen Gefegen, wovon die meiften haffenswürdige Gerechtfame zer-
nichten, wie jene des Adels, der ausfchließlichen Jagd... .. befinden fich mehrere,
deren Vollziehung um fo dringender ift, da fie das Verfchwinden?) aller diefer
äufferen Zeichen, die der Stolz des Adels allenthalben vermehrt hatte, und die in
keinem Staate mehr beftehen dürfen, .......- vorfchreiben.
1) Man vergegenwärtige fich nur einmal den Zuftand, in dem fich heute noch fo manche
Klofter- oder Stiftskirche befindet, die in den Zeiten der franzöfifchen Herrfchaft oder nach
der Aufhebung der Klöfter und Stifte ein ähnliches Schickfal erfahren hatte und als Ma-
gazin oder Lagerhaus bis in unfere Tage weiterbeftanden hat (für Mainzer Verhältniffe fei
nur an die Kirche des Karmeliterklofters erinnert; bis vor wenigen Jahren galt dasfelbe
auch von der des Reichklaraklofters). Sie können uns ein Bild davon geben, in welchem
Zuftande etwa im Jahre 1803 das Innere des Domes von Bifchof Colmar angetroffen wurde.
2) So ergänzt nach dem franzöfifchen Texte (qu’elles prescrivent la disparution de tous ces
Signes exterieurs). Die deutfche Überfegung des Originals ift hier ungenau.
