206 Ausftattung, Altäre: Greiffenklauer Altar (St. Michael)
läßt fich aber ihre Verwendung leicht erklären. Somit gewinnt auch die Vermutung
an Wahrfcheinlichkeit, daß der hier Dargeftellte der Erzbifchof felbft ift und die Figur
von feinem Denkmal, d.h. unferem Altare ftammt. Aber auch die Krönung Mariä
kann zu dem Greiffenklauer Altare gehört haben, und zwar als urfprüngliches Mittel-
bild. Sie fChließt oben im Halb-
kreis ab, ift 1,20 m hoch und am
unteren rechteckigen Teile1,40 m
breit. Die Mittelnifchedes Altares
hat eine lichte Weite von 1,64 m;
ihre ganze Höhe beträgt bis zum
Bogenfcheitel gemeffen 2,46 m.
In feiner Breite paßt alfo zunächft
das Relief, das ficherlich mit ei-
nem profilierten oder fonftwie
verziertenRahmen umgeben war,
ganz gut als Mittelftück. Denken
wir uns nun unter dem Relief
noch eine glatte Brüftung mit
profiliertem Abfchlußgefims, im
ganzen von etwa 1,10 m Höhe,
wie fie fich aus den Maßen des
Bruchftückes mit Sicherheit er-
[cChließen läßt, und vor ihr den
knieenden Erzbifchof, fo,wie dies
eben unfer Bruchftück noch zeigt,
[fo könnte man mit ziemlicher
Wahrftheinlichkeit in den hier
vorliegenden Bruchftücken die
Refte des einftigen Mittelbildes
Pi vom Greiffenklauer Altare ver-
muten (Abb. 82).!) Die Höhen-
maße der vorhandenen Bruch-
Abb. 82. Mittelftück des Greiffenklauer Altares
VersucheinerWiederherstellungdes ursprünglichen figürlichenSchmuckes
Ergänzt ist hier der Kopf des knieenden Kurfürsten ftücke ftimmen alfo gut zur Höhe
der Mittelnifche des Altares. Dazu käme auch noch eine andere Übereinftimmung.
Der Greiffenklauer Altar ift geweiht, außer dem Erzengel Michael, auch in honorem
Dei ter optimi maximi und deiparae Mariae virginis. Nun erwartet man doch auch
hier als nächftliegende Darftellung eine folche, die mit der Widmung des Altares in
irgendeiner Verbindung fteht, diefe Bedingung erfüllt aber gerade eine Krönung
Mariä in Verbindung mit der heiligen Dreifaltigkeit viel natürlicher als der heutige
Schmuck: eine Himmelfahrt Chrifti und eine Opferung Ifaaks, die fich auch typolo-
gifch nicht miteinander in Verbindung bringen laffen. Bei der Wiederherftellung des
Altares erfette man alfo die ftark befchädigten Reliefs des Mittelfeldes durch die
eben genannten und verbrachte die Trümmer der urfprünglichen in den Kreuz-
!) Das Denkmal des Mainzer Dompropftes und Bifchofs von Worms, Georg von Schönen-
burg (+ 1595), an der Weftwand des füdlichen Querfchiffarmes und das des Domherrn Wolf-
gang von Heufenftamm (Abb.86 Nr.30) geben mit ihrer Darftellung des Verftorbenen weitere
Anhaltspunkte, wie wir uns etwa die Ausgeftaltung des Mittelfeldes beim Greiffenklauer
Altare vorzuftellen haben. Wahrfcheinlich kniete auch beim Greiffenklauer Altare der Erz-
bifchof vor einem Betpulte, hinter dem vielleicht noch ein Kruzifix ftand.
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