Dekan
Bernhardvon
Breidenbach
256 Denkmäler: Dekan Bernhard von Breidenbach
Sie verlaufen in abfoluten Geraden, bald viel gebrochen, bald blitartig verfegt. Be-
zeichnend find die rundlichen Knicke ftumpfer Winkel; auch Buchten mit rundlichen
Augen finden fich vereinzelt.
Im Kopf fcheint das Addieren charakteriftifcher Einzelheiten mehr zurückzutreten
gegenüber einer zufammenfaffenden Breite des Vortrags. Man halte [ich aber gegen-
wärtig, daß es fich hier um einen jugendlichen, glatten Kopf handelt. Und man braucht
nur eine Arbeit des 16. Jahrhunderts daneben zu halten, um fofort inne zu werden,
daß unfer Kopf noch ganz ein Werk der fein und ftharf zifelierenden, gliedernden
Zeit des 15. Jahrhunderts ift.
Bisher war nur von der Hauptfigur die Rede. Wie fteht es nun mit den Neben-
figuren ? In Betracht kommen nur die beiden oberen, Maria mit dem Kind und der
heilige Martinus mit dem Bettler. Da find die rundlichen Faltenenden häufiger. Hie
und da ift ein Faltenrücken von außen leicht eingedrückt, als ob er in Ton modelliert
wäre. Das ift bezeichnend : der ganze Gewandftil ift weicher als der der Hauptfigur,
auch voller und breiter. Endlich ift er mannigfaltiger, weniger typifch gebunden. Und
ebenfo ift das Nackte (das Kind! der Kopf der Maria) f&hon von der Fülle, die über
das 15. Jahrhundert hinausweift. Der Unterfchied ift fo groß, daß man nicht mit der
Annahme auskommt, die Nebenfiguren feien von einem vorgefthrittenen Gefellen
gearbeitet. Vielmehr fCheint möglich, daß diefe Nebenfigürchen urfprünglich nicht
zu unferem Denkmal gehörten, fondern erft nachträglich an ihre heutige Stelle ge-
kommen find (was allerdings vor 1805 ungefähr gefhehen fein müßte).
Nr. 15. Dekan Bernhard von Breidenbac + 1497. NQF. Tafel 50 b.
Serarius S. 950. Joannis II S. 305. Bourdon S. 69. Gudenus II S. 856 (nebft einer
Bemerkung Bodmanns im Exemplar der Stadtbibliothek, vgl. Schneider, Gräberfunde
340 f.). Werner I S. 293. Wetter S. 112. Schaab II S. 60, 89, 99. Börger a. a. 0.
S. 55, 78. Dehio und von Bezold, 15. Jahrhundert: Tafel 45. Phot. Hertel und Kroft.
Der Dekan Bernhard von Breidenbach (es ift der bekannte Wallfahrer nach dem
heiligen Lande, deffen „Heilige Reife“ in Mainz 1486 mit vortrefflichen Holzfthnitten
erfchien) hatte fein Grab in der Marienkapelle gefunden. Als nun im Jahre 1582 Erz-
bifchof Daniel (Brendel von Homburg) hier beigefett wurde, da ftieß man auf das Grab
des Dekans Bernhard und unterfuchte es. Man fand, wie man [ich [päter erzählte,
den Leichnam unverweft wohlerhalten vor, was man den Kräften der Spezereien zu-
[chrieb, die der Dekan aus dem heiligen Lande heimgebracht und die zu feiner Ein-
balfamierung gedient hätten. Wie dem auch fei, 1812 kam weder vom Körper noch
vom Grab irgend etwas mehr zutage, außer der Platte, die uns hier befihäftigt. Und
diefe lag damals auf dem Grab des Erzbifchofs Daniel, mit Brettern und Steinen (offen-
bar Fußbodenplatten der Kapelle) zugedeckt. 1812 wurde fie auf Veranlaffung des
Dekans Werner gehoben und im nördlichen Querhausarm an ihrem heutigen Pla an
der Wand aufgeftellt.
Der Stein mißt 1,43 m in der Breite, 2,83 m in der Höhe und ift aus grauem Sand-
ftein. Auch er mußte 1836 hergeftellt werden (Schaab II S. 89): ergänzt find die
Spiten beider Füße und der Fuß des Kelchs (der Knauf ift alt!), fonft, foviel ich [ehe,
nichts Wefentliches. Verändert ift auch die äußere Faffung des Steins: die äußeren
Profile find an den drei freien Seiten umgeftaltet, unten von dem Rundftab an abge-
arbeitet. So kommt es, daß der Stein heute der Infchrift entbehrt. Sie war einft vor-
handen, in ehernen Buchftaben im Rand eingelegt (Bourdon); offenbar wurde der Rand
beim Heben der Platte [öhwer befchädigt: fo hat man ihn denn abgearbeitet und das
koftbare Metall anderweit verwendet wenn es nicht längft vorher f&hon geftohlen