258 Denkmäler: Kurfürft Berthold von Henneberg
Die vier Wappen haben, wie üblich in verfchränkter Anordnung, zweimal das Bild
von Mainz und zweimal das der Henneberg (von Römhild und Henneberg geviert).
Die Gefamtanlage zeigt die Auflöfung des architektonifchen Elements im Rahmen.
Ganz folgerichtig hatte fich an den liegenden Grabfteinen der Architekturrahmen inner-
halb des Kaftenrahmens zurückgebildet (vgl. Börger S. 67). An diefen erinnert hier
noch die breite Schräge mit der Schrift an den beiden Langfeiten, während in die vier
Ecken Wappen einfChneiden und an den Schmalfeiten nur noch ein f£hmaler Steg vom
Rahmen übriggeblieben ift. In diefe Umrahmung find an den Langfeiten Rundftäbe ein-
geftellt und aus ihnen entwickelt fich oben zu feiten des Kopfes der Figur in den
Ecken ein kraufes Aft- und Blattwerk, jenes naturaliftifch, diefes gotifch-fehmal ftilifiert.
Stil Aber nicht nur der Typus ift neu, ebenfo ift es der Stil der Figur. Sie füllt mit
Mitra und Stab den ganzen zu Gebote ftehenden Raum voll aus, feitlich gefehwungen
und mächtig in die Breite gewachfen. Diefe breite Fülle, an der alles Teil hat, ift
bezeichnend. Schon das Geficht, das übrigens, wie ein Blick auf das Henneberg-
Denkmal lehrt, deutlich ein Porträt ift, hat eine fleifchige Breite, die den knapp und
fcharf formenden, gliedernden Stil des 15. Jahrhunderts weit hinter fich läßt. Dann
beobachte man das Maß der Schultern, die ausgreifenden Ellenbogen, die Weite der
Kafula und der Untergewänder. Es ift nicht zuerft der Zwang des Flachreliefs (der
natürlich mitwirkte), es ift ein neues Gefühl, das fich hier ausfpricht. An Stelle des
Vor- und Zurücktretens feiner Glieder, ftabartiger Falten und rinnenähnlicher Buchten
finden wir hier breite Flächen, auf denen, durch flach eingegrabene oder wenig er-
habene Falten hervorgerufen, Licht und Schatten [pielen. Sieht man fich den Charakter
der Falten, insbefondere der Ausläufe etwas genauer an, ftellt man leicht eine Zu-
nahme rundlicher Buchten feft: ein neuer malerifch beweglicherer Stil ift im Werden.
Die Kapitalen der In[&hrift, das Renaiffance-Ornament der Mitra, find nur das äußere
Symptom eines Wechfels, der grundfäglicher Art ift.
Kurfürft Nr.17. Kurfürft Berthold von Henneberg +1504. SA. Denkmal. Tafel 51a.
Berthold von Bourdon S. 23. Gudenus II S. 826. Schaab II S. 86. Börger a. a. O. S. 55, 63
a und öfter. Georg Dehio, Der Meifter des Gemmingen-Denkmals im Dom zu Mainz.
Jahrbuch der Königlich Preußifchen Kunftfammlungen XXX. 1909. S. 139 ff. Paul
Kaußf&h, Hans Backoffen und feine Schule. Leipzig 1911. S. 23 ff. Lithographie
13>x22,2 cm (gibt den zerftörten Zuftand vor der Herftellung). Dehio und von Bezold,
16. Jahrhundert: Tafel 24. Photographie Hertel und Kroft (auch Einzelheiten).
Das außerordentliche Werk ift 1,90 m breit und 5,15 m hoch. Es wurde 1831 durch
Jofeph Scholl hergeftellt. Ergänzt ift vor allem der Baldachin und zwar fo ftark, daß
angefichts der etwas abweichenden Darftellung des Zuftandes vor der Herftellung auf
der genannten Lithographie die Frage berechtigt erfcheint, ob die Erneuerung (in
Gips) genau das Richtige trifft. Sonft fCheint das Denkmal gut erhalten. An der Haupt-
figur ift nur die Krümme des Bifchofftabes (in Holz und Gips) ergänzt. An den Engeln
unten und an den Seitenfigürchen bemerkt man nur geringfügige Ausbefferungen;
etwas umfangreichere an der Rahmenarchitektur mit Konfolen und Baldachinen.
Das Denkmal ift aus nicht weniger als neun Blöcken eines grauen Sandfteins zu-
fammengefett. Zunächft find Rahmen und Füllung aus verfchiedenen Stücken gear-
beitet, fodann zerfällt auch die Füllung noch einmal in drei Teile. Demgemäß greift
der unterfte Block, der bis unter die Deckplatte oberhalb der Infchrift reicht, horizontal
durch. Dagegen gehört der nächfte zweite Block nur der Füllung an; er geht bis unter
die Konfole, auf der der Kurfürft fteht, und fehließt feitlich mit den Flügeln der Engel-
chen ab. Ebenfo wird die hohe mittlere Platte der Füllung (3) vom Stabwerk der