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Stil
Domherr
280 Denkmäler: Domherr Johann Bernhard von der Gabelent und die Seinen
geftellt, eine Grablegung zu Füßen der drei Kreuze. Die Seitenfiguren treten dem
Reliefrahmen vollrund vor, ebenfo ift der Leichnam Chrifti und das Grab in voller
Plaftik gegeben. Füllt fo das Bild den Tiefenraum zwifchen den Säulen, fo dient jene
farkophagähnliche Sockelverftärkung der Geftalt des knieenden Domherrn als Fuß-
platte. Man fieht, hier find zwei urfprünglich ganz verfchiedenartige Denkmalge-
danken zufammengefloffen: der Typus des Epitaphs mit dem knieenden Stifter und
der italienifche Typus des auf dem Sarkophag knieenden Verftorbenen.
Auf den weit ausladenden Seitenteilen des Sockels ftehen, hinter den Säulen-
poftamenten etwas zurücktretend, noch zwei weitere, diefen gleich hohe Poftamente.
Sie tragen [thmächtige hohe Obelisken, an denen, wie an den Poftamenten felbft,
Wappen aufgehängt find. Wappen halten auch die Frauen, die auf den geföhwungenen
Giebelfegmenten oben gelagert find, und ein großes Wappen füllt endlich das kleine
Tabernakel, das zwifchen den Stußgiebeln oben das Ganze krönt. In den Giebel-
zwickeln machen fich Engelchen mit greulichen Untieren zu fchaffen, auf denen fie reiten.
Die Wappenreihen ftheinen unheilbar zerftört zu fein. Zwar das Vollwappen Rau
von Holzhaufen ift richtig oben in der Mitte an dem zu erwartenden Plate, und es
kehrt auch, wie es fich gehört, noch einmal oben links wieder. Aber fchon deffen
Gegenüber zeigt einen leeren Schild, und fo find auch weiter herunter noch mehrere
Schilde leer. Und damit noch nicht genug: auch die noch vorhandenen zeigen Wappen-
bilder, die fich f&hlechterdings nicht mit den bekannten Wappen der von Bourdon in
feiner Bef%hreibung des Denkmals aufgezählten Ahnen des Domherrn in Einklang
bringen laffen. Es fCheint alfo, als ob die Wappenreihen einmal recht gründlich zer-
ftört gewefen und reichlich willkürlich ergänzt und hergeftellt worden wären. Leider
geftattet auch die genealogifche Literatur nicht, das Wirrfal aufzulöfen. Zu erkennen
find in den noch vorhandenen Wappen übrigens auch nur, wenn man fich über
teilweife recht erhebliche Bedenken hinwegfetzt — die heraldiföhen Zeichen folgender
Familien: Löwenftein, Diede von Fürftenftein, Biedenfeld, Boineburg von Hohenftein,
Weiß von Fauerbach, Truchfeß von Wethaufen, Stogingen, Krieg von Vetberg.
Die Ornamentik zeigt keine grundfäglich neuen Züge. Hervorzuheben ift nur, daß
das Befchlagwerk hier fo gut wie ganz fehlt — immerhin muß man auf die Einfaffung
der Seitenteile des Fußes hinweifen mit den kurzen Schwüngen, die wie Hörner
herausftehen. Die Flächen find hier gar mit einem feingliedrigen Schmuck anderer
Art ausgeftattet: Fruchtbündel, Bänder, Lorbeer- und andere Zweige breiten fich
aus, und dahinein find die Leidenswerkzeuge Chrifti verflochten, fo an den Seiten-
teilen des Sockels, fo an den Fußftücken der Säulen und fo am ganzen Fries.
Der Hintergrund hat ein zartes Relief. Die Gruppe offenbart einen recht edlen
Stil. Die Köpfe find ebenmäßig-vornehm, aber ausdrucksvoll; eher [Chmal-lang, als
„klaffifch“-rund. Das Gewand ift bald flach und dünn geriefelt, bald kräftig-natürlich
gefaltet, ohne Manier. Die ganze Art begegnet uns fonft im Dom nicht mehr. Es
ift eine felbftändige Richtung, die dem Werden des „feinen“ Stils parallel läuft.
Nr. 29. Domherr Johann Bernhard vonder Gabelent]!) r 1592 und
Johann Bern- die Seinen. NQF. Tafel 56a.
hard von der
Gabelengund ,_ x ir s z nz : =
die Seinen dif%he Bildhauer Wilhelm Vernuken in heffiföhen Dienften. Repertorium für Kunft-
Bourdon S. 64. Gudenus II S. 848, Werner I S. 294. C. Scherer, Der niederlän-
wiffenfChaft 31. 1908. S. 218 (die Beziehungen unferes Denkmals zu dem Pracht-
werk in St. Goar find nur fehr allgemeiner Art). Photographie Hertel.
‘) Der Domherr gehörte zurFamilievon derGabelenk. dievonder Familievon Gablenz
zu unterfcheiden ift. Beide führen zwar dasfelbe Wappen, aber in verfchiedenen Farben.