338 Verfchwundene Denkmäler und Kunftwerke
im. Dom verderblich wurden: föhon vorher verfchwanden Buchftaben und Zieraten
von den Steinen (f.oben S. 175 Anm. 1). Die genannten f&hlimmften Zeiten der Dom-
gefchichte haben dann aber auch das lette Stück Bronze oder Meffing dem Dom ent-
riffen. Und es gab da nicht nur Platten von der Größe gewöhnlicher Grabfteine mit
dem eingegrabenen Bild desVerftorbenen (fo des Dekans Otto von Rüdesheim + 1320),
vor allem werden mehrere Bronze-Epitaphien des 16. Jahrhunderts gerühmt (von
1530, 1585 und 1589). Auf einem Epitaph von 1589 nannte [ich der Gießer: Hiero-
nymus Hack goos mich anno salutis 1589.
Verfchwanden die Metalldenkmäler felber, fo kann man fich nicht wundern, daß
auch die Eifengitter fortkamen, die einzelne befonders hervorragende Stücke zu ihrem
Schu umgaben. Solche Gitter werden z. B. von Bourdon noch wiederholt erwähnt.
Eifengitter verfchloffen einft auch die Zugänge zu den Seitenkapellen. Man kann das
einem Domgrundriß von 1724 entnehmen.!) Sie find bis auf ein übrigens erft im
19. Jahrhundert an feine Stelle gekommenes Stück (f. oben S. 159) vor der Viktor-
kapelle (K I) nicht mehr vorhanden. Und ebenfo wurden befeitigt und vermutlich ver-
nichtet die Gitter und Türen der in den Jahren 1682 und 1683 errichteten neuen
Abfchlüffe des Weftchors.?) Ein Teil diefer Gitter wurde erft 1801 verfthleudert, wie
das oben S. 174 angeführte Verzeichnis zur Verfteigerung beftimmter Gegenftände
von 1801 beweift.
Auch von den zahlreichen Holzepitaphien und den fonftigen Tafelbildern hat [ich
abgefehen von dem einen Jüngften Gericht, f. oben S. 333 f. — kein einziges Stück er-
halten. Erwähnt werden ein fehr altes Bild des heiligen Martinus mit alten Verfen in
goldenen gotifchen Buchftaben, eine Anna Selbdritt von 1494, eine Kreuzigung von
1511, ein Vefperbild mit den Bildniffen der Familie Eifenkremer von 1521, mehrere
andere Holzepitaphien des fpäteren 16. Jahrhunderts, eine Tafel mit der Leidens-
gefchichte Johannis des Täufers von 1572, eine andere mit den 12 Apofteln von 1609.
Erft im Anfang des 19. Jahrhunderts verfchwand „das vortreffliche Gemälde“, das den
Jefusknaben auf Dornen wandelnd darftellte (von 1609), und das Wetter (S. 153) und
Schaab (II S. 63) noch bewunderten. Es befand fich in der Margaretenkapelle an der
Rückwand des von der Leyenfchen Laurentiusaltars, da, wo jett das Triptychon der
Karmelitenkirche (f. oben S. 332) hängt. Alle diefe Bilder überragte an Bedeutung bei
weitem ein Gemälde Albrecht Dürers, die „Barmherzigkeit“ von 1523.°) Es ift das
Bild, zu dem fich Dürers Entwurf in dem Schmerzensmann von 1522 (Lippmann 131)
erhalten hat. Das Bild felbft gibt eingroßes Schaabkunftblatt des Kafpar Dooms wieder,
das dem Kurfürften Johann Philipp (von Schönborn) und dem hohen Domkapitel ge-
widmet ift (1659). Das Schaabkunftblatt zeigt Dürers Monogramm und die Jahres-
zahl 1523. Schneider hat in feiner anziehenden Art die Gefchichte diefes Dürerbildes
gefchildert. Es kam als Stiftung des Kardinals Albrecht*) 1540 in den Dom als die
Tafel „mit der barmhergigkheit, fo etwan der Albrecht Dhurer gemhalet“ und wurde
am Pfeiler gegenüber der Michaelskapelle aufgehängt. Es wurde im Dom hochgefChägt,
überftand auch die Schwedenzeit und wurde zwifchen 1655 und 1659, wie erwähnt, in
Kupfer geftochen. Dann aber verliert fich feine Spur: 1727 fiheint es bereits nicht
mehr vorhanden gewefen zu fein. Kardinal Albrecht hat nicht nur diefes Bild dem
') Stich von Harrewyn. S. Nachträge und Mainzer Zeitfchrift XI. 1916. S. 44.
2) S. Nachträge und Mainzer Zeitfchrift XI. 1916. S. 42.
)) Friedr. Schneider, Albrecht Dürers Tafelgemälde Barmherzigkeit, 1523, ehemals im
Dom zu Mainz. Mainzer Zeitfchrift II. 1907. S. 75ff. und Nachlaß (in der Stadtbibliothek)
Fafzikel XXIV, 5.
*) Redlich, Kardinal Albrecht von Brandenburg. Mainz 1900. S. 170*,