Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

   
346 Sakriftei: Baubefchreibung, Inneres 
Die formale Ausbildung ift auch hier im Innern höchft fChlicht (vgl. zum Folgenden 
Abb. 92-95). Die Säule hat eine flache, überftehende Tellerbafis mit tiefer Kehle und 
reich profiliertem oberem Wulft. Die flachen Eckblätter find leider fehr zerftört. Das 
Kelchkapitell ift ohne Blattwerk. Darüber fit ein hoher vielgliedriger Kämpfer. 
An den Wänden fußen Gurte und Rippen teils auf Dienften und Dienftgruppen, fo an 
der ganzen Fenfterwand, teils auf mehr oder weniger [£hweren Konfolen. Dort find 
es in den Ecken je einer, an den freien Fenfterpfeilern je drei Dienfte mit zweiteiligen 
hohen Sockeln und nackten Kelchkapitellen, auf denen wieder komplizierte Kämpfer 
ruhen. Deren Profil zeigt (von oben nach unten): Platte, Kehle, Rundftab, Platte, 
Schräge, Karnies — die oberen Glieder voneinander durch Stege, die bisweilen [Chräg 
ftehen, getrennt (Abb. 94). Von den Konfolen wiederholen zwei diefe Gliederfolge 
der Dienftkämpfer, aber in anderen Verhältniffen; insbefondere find die Schmiegen 
hoch und fteil ausgebildet (Abb. 95). Die dritte Konfole zeigt ein etwas verändertes 
Profil; die vierte ift ganz einfach. Die Gurten zeigen ein Band zwifchen zwei Rund- 
ftäben; die Rippen haben einen gefchärften Wulft, ebenfo von zwei Rundftäben be- 
gleitet; die Schildbogen haben einen gefchärften Rundftab zwifchen einer Platte und 
einer flachen Kehle. Schlußfteine finden fich nicht; nur einmal kommen ein paar 
Blättchen vor, die fich den Rippen anfchmiegen, ohne fich zu einer eigentlichen 
Rofette zu vereinigen. Die Fenfter find auch nach innen einfach eingefihrägt. Der 
Fußboden ift mit außerordentlich großen roten Sandfteintafeln geplättet. 
Der Zugang vom Weftchor her follte, wie oben (S. 133 unten f.) auseinandergefegt 
ift, urfprünglich viel höher ftehen. Als man dann aber die Sakriftei tatfächlich baute, 
da war der Fußboden im Chor bereits tiefer gelegt; die Fußbodenhöhe der Sakriftei 
ift nun die gleiche wie im Chor. Um eine Tür zu fChaffen, brach man unterhalb des 
dafür vorgefehenen Bogens (den man jetzt zufette) eine Öffnung, die man wieder im 
Rundbogen oben abfchloß. In diefen tiefen Durchlaß fette man ein einfaches, recht- 
eckig profiliertes, fpigbogiges Pförtchen. Die Nifche wurde im 18. Jahrhundert mit 
Holz ausgekleidet und nach dem Chor zu in den Formen des Weftchorgeftühls gefaßt. 
Eine zweite Tür ift nachträglich in die einftige füdweftliche Abfthlußwand der erften 
Sakriftei eingebrochen worden, eine breite rechteckige Pforte mit abgefaften Seiten- 
pfoften und geradem Sturz. Gegen den zweiten Raumabjfchnitt bildet fie eine Stich- 
bogennifche mit ausgefChrägten Gewänden. 
Der zweite Raumabfkchnitt ift in zwei Joche zerlegt, die mit gratigen Kreuzgewölben 
ohne Gurte, Schildbogen, Dienfte oder Konfolen eingedeckt find. Die Fenfter haben 
föhräge Gewände und geraden Sturz. An der Südfeite ift der Raum durch eine (Quer- 
wand mit einfacher Tür abgefthloffen. 
Diefe Wand ift eine dünne Fachwerkwand, und es ift ganz deutlich, daß fie erft 
nachträglich eingezogen wurde, um die Raumabfchnitte II und III wieder voneinander 
zu trennen. An ihrer Stelle ftand urfprünglich eine ftarke Mauer. Man fieht das daran, 
daß die Gewölbe des zweiten Raumabfchnittes fonft überall ganz [pi an den Wänden 
und in den Ecken anfeten, nur zunächft unferer Scheidewand haben fie breite Füße. 
Auch bemerkt man am Gewölbe oben felber deutlich, daß da eine ftarke Wand heraus- 
gebrochen wurde. Das war die Abfchlußwand des zweiten Sakrifteibaus. Als Kurfürft 
Albrecht feinen Bau anfchloß, follten die Raumabfchnitte II und III eine Einheit bil- 
den (vgl. S. 342: Protokoll vom 29. Juli 1542). Erft nachträglich hat man die Räume 
wieder gefchieden. Der Fußboden ift mit weißen und roten Sandfteinplatten gedeckt. 
Wir haben oben (S. 340.) gefehen, daß Kurfürft Berthold diefen zweiten Raum fthuf, 
um hier in einem „sacrarium“ die größten Schäte des Domes ficher unterzubringen. 
    
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
	        
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