358 Sakriftei, Domfchat: Kelche
6.Kelche des 16. und 17. Jahrhunderts. Ichreihe hier einige weniger wert-
volle Kelche an, die der Renaiffancezeit angehören. Sie find fämtlich erneuert, zum
Teil wohl auch nicht ganz einheitlich, fondern aus allerlei Beftandteilen neu zufammen-
gefetst. Sie haben im ganzen gotifChe Form, was aber bekanntlich auch eine [ehr [päte
Entftehung nicht ausfchließt. Solcher Kelche befittt der Dom etwa ein halbes Dugend
oder mehr. Unter ihnen will ich nur zwei ausdrücklich hervorheben. Da ift ein Kelch
etwa 20 bis 21 cm hoch; filbern, vergoldet; von gotifcher Form. Der Fuß ift fechsblättrig;
auf einem Feld ift ein Kruzifix eingraviert. Zwei verfChiedene Stempel find einge-
prägt, das Mainzer Befchauzeichen mit dem Rad und eine Marke mit der Ligatur
MC (M und C, nicht bei Rofenberg). Der andere Kelch, der noch ein befonderes
Wort verdient, ift dem eben erwähnten fehr ähnlich: ebenfalls aus Silber, vergoldet;
17,8 cm hoch; von gotifiher Form. Der Fuß ift wieder fechsblättrig ; auf vier Feldern
find mufizierende Engelchen in gotifCher Maßwerkumrahmung eingraviert, auf einem
Feld ein Kruzifix und auf dem fechften ein Wappen. Diefes zeigt: im gefpaltenen
Schild vorn in Blau einen filbernen (?) Sparren, der von 2,1 mit Hakenkreuzen be-
legten filbernen (?) Kugeln begleitet ift; hinten einen fechsftrahligen Stern auf einem
Dreiberg. Die Farbenangabe fehlt oder ift offenbar nicht genau. Das Wappen ließ
fich nicht beftimmen. Auch Schaft und Knauf find mit graviertem Mafßwerk aus-
geftattet. Am Knauf wechfeln vergoldete Buckel mit Maßwerk ab mit filbernen, die
nur fChraffiert find. Die Kuppe ift glatt.
7. Deckelbecher, aus Silber, ganz vergoldet. Die Höhe ohne Deckel beträgt
24,7 cm, die Gefamthöhe 35,5 cm. Die Form macht die Abbildung (Tafel 68 b) deutlich.
Am Fuß und in einem Band am Oberrand, weiter von da in Gehängen von wechfelnder
Tiefe nach unten greifend, endlich auf dem Deckel ift Ornament eingraviert, Band-
werk und Mauresken, teilweife föhraffiert. Unterhalb der Ornamentgehänge ift eine
Infchrift in Rollwerkrahmen eingegraben. Man lieft in [&hönen Majuskeln: EX PIA
DONATIONE DOMINORVM LVDOVICI ET | WILHELMI CARPENTARII FRATRVM CA-
NONIC- | ORVM DIVI VICTORIS AD EANDEM DE- | STINATVS - ANNO DOMINI - 1584.
Den Deckelknauf krönt ein Geharnifchter mit Stange und Schild. Auf dem Schild (in
Farben!) das Wappen: der fpig-eiförmige Schild ift von Grün und Rot durch eine
oben mit einem fechsftrahligen Stern befette goldene Zickzackleifte geteilt.!) An
Stempeln finden fich: das Mainzer Befthauzeichen mit dem Rad und eine Marke mit
zwei gekreuzten Stäben und einer Kugel (?), vgl. Rofenberg, Der Goldfthmiede Merk-
zeichen. 1911. S. 456 Nr. 2182.
Kelche aus der Barock- und Rokokozeit; alle find aus vergoldetem
Silber hergeftellt.
8. Kelch mit Knorpelwerkmufter, 26 cm hoch, Befthauzeichen Augs-
burg (?) und Marke G B, vielleicht Rofenberg Nr. 424. Auf dem Fuße und an dem
Kelche felbft find ovale Medaillons aus [og. Porzellanemaille eingefetzt; fie zeigen
in purpurviolettem Tone gemalte Paffionsfzenen, dazwifchen in Relief getriebene
Cherubim. Auf der Unterfeite des Fußes trägt der Kelch die Widmungsinfhrift in
großen Buchftaben: Ich Joannes Kilian und Maria Catharina Kilianin haben difen
Kelch zu difem Gotteshaus verehret, bettet fir fie - 1685.
1) Das Wappen des Wilhelm Carpentarius tritt mit der Jahreszahl 1584 und den Initialen
W. C. auch am Sturz eines Pförtchens des Schöfferhofes (Schuftergaffe 18—20) auf, doch
find die Farben dort etwas anders (rote Zickzackleifte mit goldenem Stern im blauen Feld).
Und endlich kommt es noch einmal an einem Schlußftein im Südflügel des Kreuzgangs von
St. Stephan vor. Vgl. Neeb, Verzeichnis der Kunftdenkmäler der Stadt Mainz. I. Teil. 1905.
S. 112 und Anm.